Kaum ein Gesundheitsthema wird kontroverser diskutiert als „Impfungen“.
Fakt ist: Impfungen schützen und werden bei bestimmten Vorerkrankungen auch empfohlen.
Gerade bei einer Autoimmunerkrankung fragt man sich aber: darf ich mich impfen und wird mein Immunsystem dadurch nicht noch mehr belastet? Dr. Peer M. Aries vom Immonologikum in Hamburg gibt uns einen Überblick, welche Impfungen Standard sind, welche Auffrischungen wann erfolgen sollten und was man als Autoimmunpatient impfen darf und warum.
NIK e.V.: Warum ist Impfen wichtig?
NIK e.V.: Welche Impfungen sollte ich als Autoimmunpatient durchführen und welche nicht?
Dr. Peer M. Aries:
Wie oben bereits genannt, besteht die Sorge bei stärkeren immununterdrückenden Therapien Lebendimpfungen zu verwenden. Insbesondere bei Hochdosiskortisontherapien, Therapeutika wie Methotrexat, Azathioprin oder den Biologika sollten Lebendimpfungen generell vermieden werden. Dagegen kann bei weniger intensiven Therapien wie z.B. geringen Kortisondosen, Hydroxychloroquin oder Mesasalazin nach individueller Nutzen Risikoabwägung und in stabilen Krankheitsphasen Lebendimpfungen wie z.B. Masern Mumps Röteln erwogen werden. Es ist jedoch immer der betreuende Arzt diesbezüglich anzusprechen.NIK e.V.: Ich habe mein Impfheft nicht mehr. Wie kann ich in Erfahrung bringen, welche Impfungen ich erhalten habe?Dr. Peer M. Aries:
In der Regel sollten alle Impfungen in dem Impfheft eingetragen sein. Ebenso sollte die Praxis, die geimpft hat, ein Vermerk in der Akte haben. Als Regel gilt, Impfungen die nicht eingetragen sind oder anhand von Akteneinträgen nicht nachvollzogen werden können, gelten als nicht erfolgt. Haben sie also ihr Impfheft verloren und können bei den vorherigen Ärzten nicht in Erfahrung bringen, wann sie was geimpft bekommen haben, würde man sie erneut entsprechend der aktuellen Richtlinien impfen.NIK e.V.: Werden die Impfungen von der Krankenkasse übernommen, wenn ja, welche?
Dr. Peer M. Aries:
Alle Impfungen, die von der ständigen Impfkommission (STIKO) der Allgemeinbevölkerung empfohlen werden, werden auch von der Krankenkasse übernommen. Die Arbeitgeber oder Berufsgenossenschaften übernehmen zum Teil Impfung, die im Rahmen der beruflichen Tätigkeit notwendig sind. Nur Impfungen, die aufgrund von privaten Reisen notwendig sind, übernimmt die Krankenkasse nicht.NIK e.V.: Wann sollte ich was Auffrischen lassen?
Dr. Peer M. Aries:
Das kann man nicht so pauschal sagen, da es für jede Impfung entsprechend des Impfenplanes ein unterschiedliches Datum für die Auffrischung gibt. Einige Impfungen müssen heutzutage auch nur einmalig im Leben geimpft werden, z.B. Gelbfieber. Ich empfehle also, bei einem der nächsten Arztbesuche den Impfausweis einzupacken und dem betreuenden Ärzten vorzulegen mit der Bitte, einmal nachzuschauen, welche der Impfung wann wieder aufgefrischt werden müssten. Häufig schreiben die Hausärzte mit Bleistift das Datum der zukünftigen Auffrischimpfung bereits in den Pass hinein, sodass der Patient auch selber erkennen kann, wann die nächste Impfung notwendig ist.Dr. Peer M. Aries ist Facharzt für Innere Medizin / Rheumatologie und betreibt in Hamburg eine Gemeinschaftspraxis für Rheumatologie und klinische Immunologie. Wesentlicher Bestandteil ist die enge interdisziplinäre Zusammenarbeit mit den Abteilungen für Lungen, Nieren und Bluterkrankungen sowie der Radiologie. Schwerpunkte sind Innere Medizin, Rheumatologie, Klinische Immunologie sowie Rheuma und Schwangerschaft.Kontakt
Patienteninformation über Impfungen
- Eine jährliche Impfung gegen Influenza (Grippe) sollte erfolgen, bei Patienten ohne immunsuppressiver Therapie ist diese ab dem 60. Lebensjahr empfohlen.
- Hepatitis B: Virus der eine Leberentzündung verursachen kann. Im Normalfall werden 3-4 Impfungen für einen kompletten Impfschutz benötigt.
Pneumokokken: Dieses Bakterium ist häufiger Auslöser von Lungenentzündungen, kann aber Hirnhautentzündungen, Mittelohrentzündungen und andere Infektionen verursachen. Aufgrund der immunsuppressiven Therapie, werden falls möglich, 2 verschiedene Impfstoffe (13-valent) und nach 6-12 Monaten (23-valent) eine weitere Impfung empfohlen. Bei Patienten ohne immunsuppressiver Therapie ist eine Impfung ab dem 60. Lebensjahr empfohlen. - Meningokokken: Diese Bakterien können eine u.a. eine Hirnhautentzündung hervorrufen. Aufgrund der erworbenen Schwächung des Immunsystems ist eine Impfung gegen die Serogruppen A, C, W, Y und B empfohlen.
- Humane Papillomaviren (HPV): Diese Viren können die Entstehung von Gebärmutterhals fördern. Empfohlen wird diese Impfung allen Frauen bis zum 17 Lebensjahr, Frauen, die älter als 17 Jahre sind und keine Impfung gegen HPV erhalten haben, können ebenfalls von einer Impfung gegen HPV profitieren. Aus rheumatologischer Sicht wird diese Impfung insbesondere für junge SLE-Patientinnen empfohlen, da bei diesen möglicherweise eine erhöhte Neigung zu persistierenden Infektionen und sekundären Präkanzerosen besteht. Im Gegensatz zu den im Vorfeld erwähnten Impfungen ist eine Kostenübernahme durch die Krankenkassen nach dem 17. Lebensjahr nicht verpflichtend, viele, jedoch nicht alle Krankenkassen übernehmen die Kosten jedoch auch nach dem 17. Lebensjahr.
Weiteres: Die Impfung von Kontaktpersonen (z.B. Familienmitglieder) in der Umgebung immunsupprimierter Patienten stellt eine wichtige Möglichkeit der Infektprophylaxe insbesondere bei Patienten dar, bei denen der Impferfolg mangelhaft oder schwer vorhersehbar ist und/oder bei denen bestimmte (Lebend-) Impfungen kontraindiziert sind. Die Umgebungsprophylaxe mit Lebendimpfstoffen für Masern, Mumps, Röteln (keine Übertragungen berichtet) und Varizellen (selten Übertragung mit mildem Verlauf unter virostatischer Therapie) ist für unsere Patienten ungefährlich.