Mein Name ist Chris, ich bin 35 Jahre alt und habe im Frühjahr 2014 die Diagnose Multiple Sklerose erhalten.

Multiple Sklerose: Die Geschichte von Chris

Wenn dein Geburtstag zum Wendepunkt wird!

Als ich am Tag nach meinem 30. Geburtstag an einem kalten Dezembertag 2013 morgens aufwachte, traf mich der Schlag: Vor meinen Augen lag ein dicker Nebelschleier, der es mir unmöglich machte, scharf zu sehen. Ich hatte am Tag zuvor mit dem Alkoholkonsum etwas übertrieben und suchte erst dort die Ursache.

Doch als dieser Schleier drei Tage später immer noch da war, fing ich langsam an, mir ernste Sorgen zu machen. Also ging ich an einem Montagmorgen zu meinem Augenarzt und ließ mich gründlich untersuchen.

Dort wurde nach langer Wartezeit mein Augendruck gemessen, man machte einen Sehtest und eine Sehfeldbestimmung, fand aber keine “richtige” Ursache für meine Beschwerden. Ich erinnere mich noch, dass mein Hausarzt von einem Leck in meiner Netzhaut sprach; eine Erkrankung, die typisch wäre für Männer Anfang 30, die viel arbeiten, Stress haben und hoch hinaus wollen. Zur Sicherheit und für eine Zweitmeinung schickte er mich in die augenärztliche Abteilung eines Krankenhauses in Saarbrücken, das mehr technische Möglichkeiten hat und spezialisiert ist auf diese Art von Erkrankung.

Da es mittlerweile kurz vor Weihnachten war, verbrachte ich einen kompletten Tag mit meiner guten Freundin und Krankenschwester Lilly in der Notfallsprechstunde der augenärztlichen Abteilung des besagten Krankenhauses. Hier konnte der diensthabende Arzt nichts Auffälliges feststellen und schickte mich noch am selben Tag in die neurologische Abteilung des Krankenhauses, die sich im Keller befand.

Dort stellte man dann zügig die Verdachtsdiagnose “Multiple Sklerose” und wollte mich stationär aufnehmen, über Weihnachten dort behalten und mit Cortison behandeln. Darauf war ich absolut nicht vorbereitet und dermaßen geschockt, dass ich auf eigene Verantwortung das Krankenhaus noch am selben Abend verlassen habe und nach Hause gefahren bin.

Kurze Zeit später bekam ich von meinem Augenarzt Cortison in Tablettenform, was ich monatelang in einer recht hohen Tagesdosis zu mir nahm. Da ich weder Autofahren, noch am Bildschirm sitzen konnte, musste ich mich monatelang krankschreiben lassen. Es dauerte nicht lange, bis die Cortisonbehandlung ihre ersten Nebenwirkungen zeigte: Massive Wassereinlagerungen und ein rundes Gesicht, sehr trockene, dünne und rissige Haut, eingerissene Fingerkuppen und Mundwinkel, viele blaue Flecken, massive Fressattacken, sehr wenig Schlaf ohne Müdigkeit und erhöhtes Aggressionspotential.

So nahm die Geschichte ihren Lauf.

An diesem Punkt begann eine Odyssee von Untersuchungen beim Neurologen: MRT, VEP, Blutentnahme, Lumbalpunktion, etc. – im Frühjahr 2014 stand dann die Diagnose fest: encephalomyelitis disseminata. Im Volksmund als Multiple Sklerose bekannt. Da ich mich schon seelisch und moralisch ein wenig darauf einstellen konnte, war ich nicht besonders geschockt. Außerdem fühlte ich mich bei meinem Neurologen gut aufgehoben. Zwar ist dort die Wartezeit oft sehr lange und ich habe schon ganze Tage dort verbracht, aber er hat sich sehr viel Zeit für mich genommen; mir genau erklärt, welche Symptome die Erkrankung mit sich bringt und welches Basismedikament für mich in Frage kommt.

Wir haben uns recht schnell für ein Medikament entschieden, das ich bis heute immer noch zu mir nehme und gut vertrage. Ein sehr teures Medikament, das meines Wissens ursprünglich für Neurodermitis entwickelt und nur zufällig entdeckt wurde, dass es auch bei MS wirksam ist. Ich weiß nicht, wie die MS ohne Medikament verlaufen wäre, aber in den letzten 4 Jahren hatte ich 4 moderate Schübe, die sich bisher alle vollständig zurückbildeten; Toi Toi Toi. Alle meine Schübe waren Sensibilitätsstörungen in den Händen und Füßen; einmal hatte ich etwas Probleme mit dem Gleichgewicht. Doch bin ich immer wieder beunruhigt, da man sich nie sicher kann, ob es wirklich ein Schub ist und vor allem, ob sich die Symptome wieder zurückbilden werden und wann. Die Cortisonbehandlungen vertrage ich glücklicherweise meist sehr gut; bis auf einen Durchhänger ein paar Tage nach der Infusion und leichte Schlafprobleme habe ich kaum Nebenwirkungen.

Meine Anfangssymptomatik hat sich im Nachgang als klassische Sehnerventzündung rausgestellt; ein sehr häufiges Symptom der MS, besonders im Anfangsstadium. Die Symptome wurden von Monat zu Monat etwas besser und waren nach etwa einem halben Jahr komplett verschwunden. Ich bin mir sicher, dass das deutlich schneller gegangen wäre, wenn ich der direkten intravenösen Cortison-Behandlung im o.g. Krankenhaus zugestimmt hätte. Aber gut, im Nachgang ist man immer schlauer.

Tatsächlich war die MS der Beginn eines neuen Lebensabschnittes für mich. Hab ich bis dahin überwiegend ungesund gelebt, schlecht gegessen, viel Alkohol getrunken, usw.,  begann ich fortan, neue, gesunde Routinen in mein Leben zu integrieren. Natürlich nicht sofort und alles auf einmal, aber nach und nach kam ich zur Meditation, vegetarischen Ernährung, Wim Hof Atmung, kalten Duschen, Öl ziehen, Bullet Proof Kaffee, Minimalismus, uvm. – alles Themen aus dem Bereich “Biohacking” und “Selbstoptimierung”.

So habe ich es geschafft, mir in den letzten Jahren ein Leben aufzubauen, in dem es mir besser geht, als noch vor der Diagnose. Insofern bin ich der MS tatsächlich dankbar und ihr gegenüber positiv gestimmt. Wer weiß, wie es mir sonst heute gehen würde. Aktuell bin ich glücklich und zufrieden mit meinem Leben und größtenteils erfüllt und ausgeglichen.

Ich bin der festen Überzeugung, dass besonders bei chronisch Erkrankungen wie z.B. der MS eine Eigeninitiative des Patienten unabdingbar ist. Ich halte es für sehr wichtig, 100% Verantwortung für sich und sein Leben zu übernehmen und sich nicht gänzlich auf die Schulmedizin zu verlassen. Mein Neurologe sagt immer zu mir “Sie können tun, was auch immer Ihnen gut tut.” und genau so sehe ich das auch.

Ende 2017 entschied ich mich – nach einem Gespräch mit meiner damaligen Freundin – dazu, meine Learnings, Techniken und Tricks seit der Diagnose detailliert aufzuschreiben und mit meiner eigenen Geschichte zu verknüpfen. Rausgekommen ist ein 500-seitiger praxisnaher Ratgeber, der allen Betroffenen helfen soll, ihr Potential auszuschöpfen und das Beste aus ihrer Situation rauszuholen. Fast alles aus diesem Buch wende ich selbst an und habe es erfolgreich in meinen Alltag integriert. Mit meinem Buch möchte ich andere Menschen Mut machen, inspirieren und dazu bringen, Verantwortung für ihr Leben zu übernehmen, ihre Träume zu verwirklichen und ihr volles Potential auszuschöpfen.

Don’t wast your f****** life!

Eine Sache hat mich die MS gelehrt: Verschwende nicht dein Leben. Denn wir alle haben nur eins und das ist verdammt kurz. Halte das Leben nicht für selbstverständlich. Sei dankbar für das, was du hast und was du bist. Identifiziere dich nicht mit deiner Erkrankung, gebe dich ihr nicht hin und nehme keine Opferrolle an. Auch wenn es verlockend ist, nutze die Erkrankung nicht als Entschuldigung und als Vorwand für Dinge, auf die du keine Lust hast.

Sei dankbar dafür, dass die meisten chronischen Erkrankungen – wie z.B. die MS –  weit verbreitet sind und somit viel geforscht wird. Sei dankbar, dass es zahlreiche Medikamente auf dem Markt gibt und wir in einem Land leben, in dem die Kosten dafür übernommen werden.

Lerne so viel du kannst über deinen Körper und deine Erkrankung. Versuche, zu verstehen, wie dein Körper und dein Geist funktionieren. Je mehr du weißt und je mehr du verstehst, desto eher bist du in der Lage, positiv mit deiner Erkrankung umzugehen und effektiv was gegen ihre Symptome zu tun. Somit bist du nicht deinem Schicksal ausgeliefert, sondern hast es in deinen eigenen Händen

Mein Rat: Such dir Gleichgesinnte und tausche dich aus. Aber mache einen großen Bogen um negative Menschen, die ständig nur über ihre Erkrankung reden und jammern.

Achte nicht zu sehr auf irgendwelche Symptome deines Körpers. Nicht alles muss seine Ursache in der MS haben. Du kannst dir immer noch eine Erkältung einfangen, einen Magen-Darm-Virus oder einen Knochenbruch. Und vor allem: Benutze nicht die Internetsuche bei neuen Symptomen. Der Schuss wird nach hinten los gehen.

Achte einfach ein wenig mehr auf dich. Ernähre dich gesund. Bewege dich. Treibe Sport. Schlafe ausreichend. Hege positive Gedanken. Über dich in Dankbarkeit und umgebe dich mit Menschen die dir gut tun.

Wenn du mehr über Biohacking erfahren möchtest: Hier der Link zu Chris‘ Biohacking Praxisguide: www.biohacking-chris.de

 

Stand 2016