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Regina über ihren Megamarsch zu Corona-Zeiten

Dieses Jahr steht der Welt-MS-Tag unter dem Motto „Stay Connected: MS verbindet“. Passender hätte es nicht gewählt sein können, denn die Corona-Zeit hat uns alle digital mehr verbunden als wir es jemals hätten ahnen können. Oder hättet Ihr gedacht, dass der digitale Austausch – egal ob privat oder beruflich – so intensiv und produktiv sein könnte?

Bei Regina und mir war es im letzten Jahr auf jeden Fall so. Sie hat mich digital so tatkräftig bei NIK unterstützt, dass wir umso enger verbunden sind. Trotz der vielen Arbeit und der Pandemie hatten wir eine tolle Zeit miteinander. Wie es Regina im letzten Jahr so ergangen ist und was ihre Pläne in Sachen #megamarsch sind, verrät sie Euch im Interview.

Wie hast du das Corona-Jahr erlebt?

Das Jahr war turbulent und wird einem definitiv noch lange in Erinnerung bleiben. Es war ein Einschnitt ins Leben auf jeder Ebene. Der größte Einschnitt war jedoch beruflich – bei meiner Arbeit als Krankenschwester im Krankenhaus. Es war eine große Herausforderung und das hat viele Beteiligten an ihre Grenzen gebracht.

Welche neuen Verbindungen hast du in diesem Jahr geknüpft, in dem wir doch alle so gut es geht, zuhause bleiben sollten?

Ich habe online viele neue Kontakte geknüpft – vor allem auf Social Media – aber auch alte Kontakte wieder aufleben lassen.

Wie viel digitaler bist du im letzten Jahr geworden?

Sehr! Ich muss sagen, in einer Situation wie dieser schätze ich die Digitalisierung. Es ist möglich, sich mit Freunden per Zoom für einen Spieleabend zu verabreden. Not macht eben erfinderisch. Ich habe an vielen Online-Veranstaltungen und Workshops teilgenommen, die ich vielleicht sonst gar nicht besucht hätte, einfach weil es zu weit weg wäre. Aber natürlich wäre auch mir lieber, dass es ganz normal stattfindet. Ich versuche, für mich aus dieser Situation etwas Positives rauszuholen, denn ändern kann ich sie eh nicht.

Du hast wieder einen Megamarsch geplant. Welches Ziel hast du dir dieses Mal gesteckt?
Ich möchte wieder die 50 km in unter 12 Std schaffen und würde auch gerne meine 63 km aus Berlin übertreffen.

Was macht der Megamarsch mit dir, dass du nicht davon lassen kannst und gleich wieder mitmachst, sobald es geht?



Der Megamarsch ist eine Herausforderung, der ich mich immer wieder gerne stelle. Ich möchte immer wieder meine Grenzen testen – physisch, sowie psychisch. Ein konkretes Ziel vor Augen zu haben, motiviert mich sehr beim Sport. Der Sport ist mittlerweile ein fester Bestandteil in meinem Alltag und es wirkt sich positiv auf meine Fatigue aus und ich bin überzeugt davon, dass ich einiges an Symptomen/ Problemen, die mir die MS bereitet, besser abfangen kann.

Wie bereitest du dich auf so einen körperlich anstrengenden Marsch vor?

Ich gestalte das Training sehr abwechslungsreich und mache zum Beispiel sehr gerne Intervall-Läufe. Außerdem gehe ich ab und zu auch gerne noch Wandern. 
Ich mache aber auch verschiedene Workouts Zuhause, denn der Rücken wird zum Beispiel auch sehr beansprucht durch das lange Tragen des Rucksacks. Das hatte ich bei meinem ersten Marsch völlig unterschätzt und im Endeffekt wurde das zum größten Problem am Ende.
Ich bereite mich aber nicht nur körperlich vor. Ich führe mir immer wieder mein Ziel vor Augen und beschäftige mich damit, negative Kommentare, wie „das schaffst du eh nicht“, in etwas Positives umzuwandeln. Denn anstatt mich davon runter ziehen zu lassen, spornt es meinen Ehrgeiz an und pusht mich. Denn jetzt möchte ich das Ganze natürlich umso mehr schaffen und beweisen, dass es doch möglich ist.

 Ich beschäftige mich vorher viel mit der Strecke, da hilft mir mein Vater zum Glück. Ich muss mir im Klaren sein, worauf ich mich einlasse. Ich war mir anfangs lange unsicher, ob ich mich auf einen 50km Marsch alleine einlassen sollte, denn es ist definitiv etwas ganz anderes, als wenn man als Gruppe unterwegs ist. Corona-bedingt war ich nämlich alleine unterwegs. Mehr dazu kann man in meinem neuen Beitrag über den Megamarsch zu Corona-Zeiten lesen.

Und was fiel dir während Corona besonders positiv für dein Leben auf, was du vielleicht auch für später mitnimmst?

Ich habe wieder einmal vor Augen geführt bekommen, dass Nichts selbstverständlich ist und es schneller weg sein kann, als wir denken. Dinge, die wir als wichtig empfinden, sind ganz plötzlich zweitrangig. 

Ich gucke Menschen bewusster in die Augen, denn die spiegeln die Emotionen die der andere empfindet. Denn aktuell wird ja der Rest von der Maske verdeckt.

Auf deinem Instagram Profil @rikowski lässt du deine Follower an den Aufs und Abs in deinem Leben teilhaben: Womit musstest du während des letzten Jahres am meisten kämpfen und wie hast du das überstanden?

Ich finde es wichtig, auf Social Media nicht nur die heile, perfekte Welt zu zeigen, sondern bin der Meinung, dass man auch die Realität zeigen sollte und dazu gehört es auch, die schlechten Zeiten zu zeigen. 2021 war bis jetzt turbulent. Ich bin mit Quarantäne ins neue Jahr gestartet, eine Kardiologin, die über den Tellerrand geschaut hat, hat Dinge ins Rollen gebracht, bei denen ich nicht weiß, ob ich bei dem Ergebnis heulen oder lachen soll. Nach unzähligen Arztbesuchen, einem implantierten Eventrekorder und mehreren Krankenhaus Aufenthalten stand fest, dass über mehrere Jahre etwas behandelt wurde, was so nicht existiert und diese Zeit war für mich nicht einfach und ein Wechselbad der Gefühle. Jetzt geht es aber wieder bergauf und da bin ich sehr froh drüber.

Mein Megamarsch zu Corona-Zeiten

Ist ein Megamarsch zu Corona-Zeiten möglich ?

Nachdem die Events vor Ort abgesagt wurden gab es den Megamarsch Spezial. Der Megamarsch Spezial ist an keinen Ort oder Route gebunden. Jeder Teilnehmer ist selbst verantwortlich, die zu dem Zeitpunkt geltenden Corona-Regelungen einzuhalten.

Das erste Megamarsch Spezial fand im September statt. Mein Vater ist begeisterter Wanderer und so haben wir zusammen eine Route für mich geplant. Der Anfang der Tour ging viel durch den Wald und an der Alster entlang. Zum Ende hin haben wir die Route bewusst ins Stadtgebiet verlegt. Ich wollte nämlich vermeiden, zum Ende hin in der Dunkelheit im Wald unterwegs zu sein. Ich habe zwar die Erfahrung aus Berlin durch den Wald zu gehen – mit der Nachtlampe als einzige Lichtquelle, aber jetzt wo ich die Route selbst planen konnte, wollte ich das absolut vermeiden, denn schon in Berlin haben es mir die MS-bedingten Sehstörungen nicht einfach gemacht in der Dunkelheit.

Dieses Mal hatte ich das Ziel, die 50 km in unter 12 Std. zu schaffen, denn ich wollte endlich einen Megamarsch finishen und eine Medaille haben. Die vorherigen Megamärsche, an denen ich teilgenommen habe, waren immer 100/24 und so habe ich nur die Urkunden für 40km und 60km bekommen.

Es gab eine weitere Herausforderung, denn ich würde alleine unterwegs sein ohne Begleitung. Ich habe mir im Vorfeld darüber sehr viele Gedanken gemacht, ob ich das verantworten kann und habe es gelöst, indem ich einen Notfallkontakt auf Stand By hatte, der mich jederzeit hätte abholen können und der meinen Marsch per Live-Standort-Verfolgung verfolgen würde, um dann mit mir Kontakt aufnehmen zu können und nach meinem Befinden fragen kann, wenn ich länger stehen bleibe.

Für den gesamten Tag war Regen angesagt, begeistert war ich selbstverständlich nicht, aber war dennoch motiviert, es durch zu ziehen. Ich hatte auch Glück, denn die ersten 18 km hat es nicht geregnet, dann fing es aber langsam an zu nieseln. Ein Nachteil – wenn man die Route selbst gestaltet – ist, dass man nicht immer weiss, ob alle Wege auch betretbar sind. Somit stand ich einmal vor einem Bach, den ich überqueren musste und einige Brücken waren gesperrt. Ich habe es aber zum Glück mit nur kleinen Umwegen immer wieder zurück auf die Route geschafft.

Mein Vater hat mich an einigen Stellen abgefangen und hat mir beispielsweise das obligatorische Radler vorbei gebracht. Aussage von meinem Vater: „Ich verfolge deinen Marsch, wie ein Tatort Krimi, das ist so spannend“.

Für jeden weiteren Kilometer hat der Regen zugenommen und zum Ende hin hat es in Strömen geregnet, so dass ich sogar eine Zwangspause einlegen musste. Es war an vielen Stellen sehr rutschig und ich war froh, dass wir die Tour zum Ende hin ins Stadtgebiet gelegt hatten, denn im Wald war es an vielen Stellen doch sehr rutschig. Mein anfangs schnelles Tempo hat mir auch nach hinten etwas Zeit verschafft, so dass ich an den rutschigen Stellen etwas langsamer gehen konnte.

Als ich die Zwangspause bei Kilometer 45 machen musste war meine Laune am absoluten Tiefpunkt und ich hatte weder Lust noch Motivation weiter zugehen. Ich hatte also zwei Möglichkeiten, entweder kurz vor dem Ziel aufzugeben und das Handtuch schmeißen oder mich nochmal für die letzten Kilometer motivieren, denn ich war nicht mal durchnässt nach den vielen Stunden im Regen. Ich habe mich noch motivieren können, weiter zu gehen und habe es geschafft, den Megamarsch in etwas mehr als 11 Stunden zu finishen. Ich bin froh, dass ich mich dieser Herausforderung gestellt habe, es war eine ganz neue Erfahrung alleine unterwegs zu sein – ohne eine Gruppe, die einen mitzieht und motiviert wenn man keine Lust mehr hat. Ich habe allerdings von Freunden und der Instagram-Community viele motivierende Nachrichten bekommen. Motto vom Megamarsch im September war Nass-Marsch.

Da mir das Spezial sehr gut gefallen hat, habe ich beschlossen, am Megamarsch Oster-Spezial auch teilzunehmen. Einige der Instagram-Community wollten auch teilnehmen und mit Einigen konnte ich auch ein paar mal zusammen Trainingswanderungen bestreiten, je nachdem wie die Corona Maßnahmen gerade waren.

Große Teile der Tour im September habe ich übernommen und nur einiges optimiert. Ich war froh, dass ich viel im Wald unterwegs war, denn hier konnte ich ohne schlechtes Gewissen ohne Maske rumlaufen, denn ich bin kaum Jemandem begegnet, sondern habe die meisten nur in weiter Ferne gehen sehen. Als ich Richtung Stadt kam, habe ich selbstverständlich die Maskenpflicht beachtet und war mit Maske unterwegs, die ständig beschlagene Brille durch die Maske war etwas nervig, aber insgesamt war es weniger schlimm als erwartet. Besonders gefreut hat mich dieses Mal, dass wir eine WhatsApp-Motivations-Gruppe hatten, in der wir uns gegenseitig motiviert haben und uns immer ausgetauscht haben, wie weit wir schon gekommen sind und wie es uns gerade geht. Das hat mir manchmal den einen oder anderen Motivationsschwung gegeben. Ich bin sehr froh, dass ich einige Andere gefunden haben, die dieses Hobby mit mir teilen und dass dadurch die Megamärsche zu Corona-Zeiten trotzdem etwas Besonderes waren und ich trotzdem nie das Gefühl hatte, alleine zu sein, obwohl ich auf der Strecke alleine unterwegs war. Auch das Oster-Spezial habe ich gefinisht und die 50 km in unter 12 Std geschafft – sogar deutlich schneller als im September. Das Motto vom Oster-Spezial lautet definitiv Masken-Marsch.

Zwischenzeitlich hat auch noch die Megachallenge stattgefunden, wo man in 2 Monaten Zeit hatte, so viele Kilometer wie möglich zu laufen – mit Finisher-Möglichkeit ab 150, 250 und 500 km, jede Wanderung ab 10km hat gezählt. Ich habe 150 km geschafft und muss gestehen, ohne diese Challenge hätte ich echt nicht die Motivation gehabt, so viel draußen unterwegs zu sein, denn ich hatte zu dem Zeitpunkt nämlich aus vielen verschiedenen Gründen ein richtiges Tief. Auch hier haben wir uns gegenseitig motiviert und uns teilweise zu gemeinsamen virtuellen Wanderungen verabredet, wo wir dann fast die ganze Wanderung telefoniert haben.

Demnächst stehen die nächsten Megamärsche an: einmal das Supporter-Spezial und das  Sommer-Spezial. Wenn ich noch einen 50/12 finishe, würde ich auch Lokalmatador werden und ich würde bei einem der Märsche meinen Kilometer-Rekord von 63 km in Berlin brechen.