„NIK

Schuppenflechte: Die Geschichte von Germaine

Mut-Mach-Geschichte von Germaine - Psoriasis

Einleitung:
Name: Germaine
Alter: 28
Diagnose: 2007 – im Alter von 15 Jahren – kam die Diagnose Psoriasis Vulgaris

Interview:

Du bist ein echter #psoriasiswarrior. Über deinen Instagram Account germaine__ zeigst du der Welt, dass man sich nicht verstecken muss, wenn man Schuppenflechte hat. Im Gegenteil, du präsentierst dich voller Stolz und Freude – und das macht offensichtlich vielen Menschen Mut. War das schon immer so, dass du dich in deinem Körper wohl fühlst?

Nein, ich habe mich nicht immer wohlgefühlt in meinem Körper und an manchen Tagen tue ich es aktuell auch nicht…Das Wetter spielt bei mir eine große Rolle: wird es kalt und nass, merke ich, wie ich immer neue Stellen bekomme.

Aber die Schuppenflechte gehört zu mir und wird mich mein ganzes Leben lang begleiten. Also schaue ich nach vorne und versuche, mit mir selbst zufrieden zu sein. Was andere über mich denken, blende ich einfach aus!

In wieweit verlief deine Kindheit und dein Leben mit Psoriasis Vulgaris anders als bei anderen?

In den letzten 13 Jahren musste ich echt einiges einstecken. Vieles davon hat mich wirklich sehr verletzt, aber vieles hat mich stärker gemacht. Diese Stärke können die Menschen heute auf den Bildern auf meinem Instagram-Profil sehen. Aber im Jugendalter, wenn die Zeit anfängt, dass man am Wochenende mit seinen Freunden in die Disko geht, war ich immer „die mit dem Pullover“. Egal wie warm es war, ich trug tatsächlich immer etwas langärmliges. Das war schon echt hart.

Meine Jugendjahre verliefen mal gut, mal schlecht. An vielen schlechten Tagen bin ich einfach zuhause geblieben. Einmal habe ich sogar meinen Job im Restaurant gekündigt, weil ich die Blicke und das Getuschel einfach nicht mehr ausgehalten habe. Aber ich erinnere mich auch an gute Zeiten: Es war Sommer und alle meine Freunde waren am See schwimmen, grillen und feiern. Ich war die einzige, die gefehlt hat. Das hat mich sehr traurig gemacht, weshalb ich mich überwunden habe, doch mit an den See zu fahren. Es fiel mir echt schwer, irgendwie Halt zu finden, weil ich mir immer gedacht habe, dass mich alle angucken und lästern. Aber letztendlich war ich froh, diesen Schritt gewagt zu haben, denn genau in diesem Moment merkte ich, dass ich mein Leben trotz der Krankheit leben kann, wie ich es möchte! Meine Freunde haben zum Glück immer zu mir gehalten und es meine Schuppenflechte hat sie nicht gestört. Wie ich aussah, war mir dann irgendwann einfach egal und ich habe nur noch versucht, eine normale 18-Jährige zu sein.

Wie war es, als du schwanger wurdest?

Mein erster Gedanke war: „Oh Gott, mein Kind bekommt auch Schuppenflechte“ und natürlich habe ich direkt im Internet alles gelesen, was es zu dem Thema zu lesen gab. Schlauer war ich danach dennoch nicht. Aber was mir sofort ins Auge stach, war die Info, dass mit der Schwangerschaft die Schuppenflechte geringer wird oder total ausbricht. Und ich hatte tatsächlich Glück! Meine Schwangerschaft war toll, ich war komplett beschwerdefrei und so glücklich darüber. Aber meine Hoffnungen, dass ich auch nach der Schwangerschaft beschwerdefrei bleiben könnte, erfüllten sich nicht. 5 Monate nach der Geburt bekam ich einen unglaublich schweren Schub – es war echt der schlimmste den ich bisher hatte.

Heute bist du Mutter. Wie stark prägt die Autoimmunkrankheit dich und dein Familienleben? Wie bewältigst du deinen Alltag?

Tatsächlich ist es manchmal schwer als Mutter. Sobald ich gestresst bin, merke ich es an meiner Haut. Auch wenn ein Kind zum größten Teil positiver Stress bedeutet und Freude macht, gibt es Punkte, die negativ stressig sind, wie z.B.: direkt nach der Arbeit nach Hause, Essen kochen, Kind vom Kindergarten abholen, die kleine direkt zum Sport bringen, Kind wieder abholen und und und… Diese Art Stress merke ich sehr.

Aber dieser Stress ist wesentlich weniger schlimm, als viele Erfahrungen, die ich wegen der Krankheit schon sammeln musste. Eine Erfahrung, die mir besonders im Kopf geblieben ist, war, als ich einen Baby-Schwimmkurs besucht habe. Ich wurde von der Lehrerin vor allen Kursteilnehmern und Badegästen aus dem Becken gebeten, weil sie befürchtete, dass meine Krankheit die anderen Gäste im Schwimmbad ansteckend könnte. Sie bat mir an, dass sie mit meinem Sohn die Stunde fortsetzen würde, allerdings war ich so wütend und traurig, dass ich einfach gegangen bin. Ich bekam nicht mal die Chance, mich und meine Krankheit zu erklären! Den Schwimmkurs habe ich dann gewechselt – mit Erfolg.

Wie geht es dir aktuell?

In den Herbst- und Wintermonaten ist die Krankheit immer etwas schwerwiegender, aber aktuell geht es mir ganz gut. Da ich leider in letzter Zeit oft krank war und einiges an Medikamente nehmen musste, spielt meine Haut leider etwas verrückt, aber auch das legt sich gerade wieder. Na klar, es könnte immer besser sein, aber bald ist ja wieder Sommer 🙂 Auf die warme Jahreszeit freue ich mich, denn dann ist die Schuppenflechte meist zum Glück sehr gut und ich kann ohne Probleme an den See oder ins Freibad gehen mit meine Familie.

Was hilft dir, die Psoriasis gut in den Griff zu bekommen?

Mein ultimativer Tipp gegen die trockene Haut ist und bleibt Kokosöl! Das hilft mir echt richtig gut, meine Schübe in den Griff zu bekommen. Wo ich sehr drauf achte ist, dass ich wenig Alkohol trinke und mich gesund ernähre. Aber natürlich vergesse ich nicht zu Leben – man muss sich auch mal was gönnen!

Was wünscht du dir in Bezug auf die Krankheit?

 Ich wünsche mir, dass die Krankheit viel öffentlicher wird und mehr Menschen darüber informiert werden, was Schuppenflechte überhaupt ist. Nur so können viele Vorurteile vermieden werden.

Schlusswort:

Mein Motto, um anderen Mut zu machen ist: Macht weiter und hört nicht auf zu leben! Wir haben nur dieses eine Leben. Auch wenn es schlechter wird…morgen kann es schon besser sein 🙂

 

 

Stand 2020