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Warum muss ich meine Diagnose ernst nehmen? – Ein Interview mit Dr. Peer M. Aries

Warum muss ich meine Diagnose ernst nehmen? - Ein Interview mit Dr. Peer M. Aries

Die Diagnose einer Autoimmunerkrankung ist für fast alle Betroffenen ein harter Schicksalsschlag. Wie geht es nun weiter? Was muss ich nun tun? Wer kann mir helfen? Während die einen sich aktiv mit der Krankheit auseinandersetzen und diese zu „bekämpfen“ versuchen, ignorieren die anderen die Diagnose und Symptome aus Angst und Unsicherheit vor der Erkrankung und der Zukunft.

Dr. Peer M. Aries, Spezialist für Rheumatologie in Hamburg, erklärt uns, warum man eine Diagnose immer ernst nehmen muss und was neuartige Therapieoptionen für Möglichkeiten bieten.

 

Warum muss ich meine Diagnose ernst nehmen?

Aus ärztlicher Sicht ist es aus unterschiedlichen Gründen wichtig, dass die Diagnose einer chronischen Entzündungserkrankung ernst genommen wird. Z.B. geht es nicht nur um das Hier und Jetzt sondern auch um die zukünftige Lebensqualität. Auch wenn sie als Patient zum heutigen Zeitpunkt vielleicht nicht viel von der Erkrankung merken, so kann sich die Erkrankung im Laufe der Zeit auch verändern.

Auch kann eine subtile Entzündung (eine chronische Entzündung die man aber im Alltag nicht wirklich merkt) langfristig zu erheblichen Komplikationen führen. Wir wissen z.B., dass bei bestimmten chronisch-entzündlichen Erkrankungen das Risiko für Herzinfarkte erhöhtes sind, was bedingt ist durch die ständig ablaufende Entzündung. Diese chronische Entzündung macht z.B. die Wände der Blutgefäße klebrig, sodass sich dort leichter Cholesterinablagerungen festsetzen können.

Auch kann z.B. die fortgesetzte Einnahme von niedrigdosierten Kortison zwar heute gut vertragen werden und die Lebensqualität positiv beeinflussen, langfristig aber zu erheblichen Nebenwirkungen am Knochen führen (Osteoporose).

 

Was macht die Krankheit im Hintergrund mit mir?

Wichtig ist es zu verstehen, dass alle chronischen entzündlichen Erkrankung, egal ob sie im Darm, auf der Haut oder in den Gelenken sind, nicht per se im Hintergrund zu weiteren Komplikationen führen.

Das Entscheidende ist, dass die Entzündung komplett unter Kontrolle ist, sowohl die Entzündung die man merkt, als auch die Entzündung die nicht von den Patienten subjektiv gemerkt werden. Das Ziel muss also sein, sich nicht nur auf die zur Zeit im Vordergrund stehenden klinischen Symptome oder Einschränkung zu fokussieren, sondern auch auf die im Hintergrund ablaufenden Entzündung zu achten.

Ist beides gut unter Kontrolle, machen die chronischen Entzündungserkrankung keine zusätzlichen Komplikationen.

 

Muss ich therapieren, wenn ich kaum was merke?

Wie oben bereits geschildert, muss eine chronische Entzündung nicht immer von dem Patienten bemerkt werden. Diese unterhalb der Wahrnehmungsschwelle ablaufenden Entzündung (subtile Entzündung oder subklinische Entzündung) kann, wie oben geschildert zu schweren Komplikationen nach vielen Jahren führen.

Es ist deshalb anzuraten, sich nicht nur auf die von den Patienten bemerkten Symptome zu fokussieren, sondern auch die im Hintergrund ablaufenden Entzündung zu behandeln. Dabei ist es genauso wichtig, dass man versteht, dass nicht alle Entzündung sich immer in Form einer Erhöhung der Blutsenkung oder des CRP-Wertes im Blut darstellen. Gerade auch die chronischen Entzündung der Haut gehen nämlich nicht mit Veränderung der Laborwerte einher.

 

Was passiert, wenn ich die Augen verschließe?

Jeder Patient hat im Rahmen seiner chronischen Entzündungserkrankung immer mal wieder Phasen, bei denen er von der Erkrankung nichts wissen möchte. Vielleicht weil es dem Patienten zur Zeit gerade gut geht oder aber weil der Patient von den bisherigen Therapieversuchen frustriert ist.

Es wäre ungewöhnlich, wenn ein Patient immer die gleiche Motivation hat, das Beste aus seiner Krankheitssituation zu machen. Es ist aber die Aufgabe der Ärzte die Patienten in solchen Situationen abzuholen und zu verdeutlichen, dass das Ignorieren von Beschwerden langfristig zu noch weiteren Komplikationen führen kann.

 

Wie gut sind neuartige Therapieoptionen?

Neue Therapien sind deshalb gut, weil sie uns neue bzw. andere Optionen bieten. Dabei ist nicht jede neue Therapie gleich besser als eine ältere Therapie. Es ist jedoch unwahrscheinlich, dass wir in näherer oder weiterer Zukunft eine Therapie finden, die für alle Patienten besonders gut geeignet ist, besonders gut vertragen wird oder besonders effektiv ist.

Es ist deshalb wichtig, dass wir für jeden einzelnen Patienten mit seinem individuellen Verlauf unterschiedliche Therapieoptionen haben. Jede neue Therapie ermöglicht uns wieder eine neue Option für andere Patienten.

Nicht selten ist es heutzutage so, dass die neuen Therapien zwar stärker und effektiver sind, aber auch zumeist mit eher höherem Risiko von Nebenwirkungen (zumeist Infektionen) einhergehen. Es ist deshalb wichtig als Patient zu verstehen, dass es nicht immer gut ist die neueste Therapie zu bekommen, die möglicherweise stark ist, aber gleichzeitig mit dem Risiko der erhöhten Nebenwirkung einhergeht, und für die vielleicht noch nicht so viele Erfahrungen aus dem klinischen Alltag vorliegen.

 

 

Dr. Peer M. Aries ist Facharzt für Innere Medizin / Rheumatologie und betreibt in Hamburg eine Gemeinschaftspraxis für Rheumatologie und klinische Immunologie. Wesentlicher Bestandteil ist die enge interdisziplinäre Zusammenarbeit mit den Abteilungen für Lungen, Nieren und Bluterkrankungen sowie der Radiologie. Schwerpunkte sind Innere Medizin, Rheumatologie, Klinische Immunologie sowie Rheuma und Schwangerschaft.

 

Kontakt

Dr. Peer M. Aries & Partner, Rheumatologie, klinische, Immunologie, Tagesklinik
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