Schwangerschaft bei Morbus Bechterew

Schwangerschaft bei axialer Spondylarthritis (axSpA ) oder auch Morbus Bechterew

Eine Schwangerschaft kann bei Frauen mit axSpA (ehemals M. Bechterew) besondere Herausforderungen mit sich bringen.

Schwangerschaftsverlauf und axSpA
Der Verlauf einer Schwangerschaft bei Frauen mit axSpA kann unterschiedlich sein. Einige Frauen erleben während der Schwangerschaft eine Verbesserung ihrer Symptome, während andere keine Veränderung oder sogar eine Verschlechterung feststellen. Es ist wichtig, eng mit Ihrem behandelnden Arzt und Ihrem Geburtshelfer zusammenzuarbeiten, um eine angemessene Betreuung während der Schwangerschaft sicherzustellen.

Medikamentöse Therapie
Die Entscheidung über die Fortführung oder Anpassung Ihrer Medikamente während der Schwangerschaft und Stillzeit sollte sorgfältig abgewogen und mit den Ärzten besprochen werden. Einige Medikamente, wie z.B. Biologika können möglicherweise während der Schwangerschaft eingenommen werden, während andere möglicherweise angepasst oder abgesetzt werden müssen. Die Ärzte werden Sie dabei unterstützen, die beste Entscheidung für Ihre individuelle Situation zu treffen.

Geburt

Die meisten Frauen mit axSpA können eine normale vaginale Geburt erleben. Allerdings kann es in einigen Fällen, insbesondere bei ausgeprägter Versteifung der Wirbelsäule oder Beckengelenke, zu Herausforderungen bei der Geburt kommen. Besprechen Sie frühzeitig mit Ihrem Geburtshelfer, welche Geburtspositionen und Schmerzmanagementoptionen für Sie am besten geeignet sind.

Nachsorge
Nach der Geburt kann es einige Zeit dauern, bis sich Ihr Körper erholt und Ihre axSpA-Symptome sich stabilisieren. Physiotherapie und sanfte Bewegung können dazu beitragen, die Beweglichkeit und Muskelkraft wiederherzustellen.

Zusammenfassend ist es wichtig, dass Frauen mit axSpA während der Schwangerschaft eng mit ihren Ärzten und Geburtshelfern zusammenarbeiten, um eine optimale Betreuung sicherzustellen. Jede Frau und jede Schwangerschaft ist einzigartig, und die beste Vorgehensweise hängt von Ihrer individuellen Situation und den spezifischen Herausforderungen ab, die sich ergeben. Offene Kommunikation und proaktive Planung können dazu beitragen, eine erfolgreiche Schwangerschaft und Geburt zu gewährleisten.



Rheuma & Schwangerschaft – geht das?

Schwanger und Rheuma – für viele Paare mit Kinderwunsch ist dieses Thema mit vielen Unsicherheiten verbunden. Welche Komplikationen sind zu befürchten und welche Medikamente können weiterhin genommen werden um dem Ungeborenen nicht zu schaden?

Die gute Nachricht: Es hat sich die letzten Jahre in der Forschung und Behandlung einiges getan. Somit müssen Rheumapatienten nicht unbedingt die Familienplanung ad acta legen. Dr. Peer M. Aries von der Rheumatologie im Struenseehaus in Hamburg räumt mit den gängigen Vorurteilen auf und gibt hilfreiche Einblicke in das Thema Kinderwunsch, Schwangerschaft und Geburt.

Teil 1: Kinderwunsch

Viele Patientinnen sind sich unsicher, ob Kinderwunsch und Rheuma zusammenpassen. Wie stehen Sie dazu?

Die Zeit, in der wir unseren Rheumapatienten empfohlen haben, nicht über eine Familienplanung nachzudenken, ist zum Glück vorbei. Seit nunmehr längerer Zeit haben die Rheumatologen Erfahrung mit der Interaktion von Schwangerschaften und Rheuma als auch mit den Rheumatherapien gemacht. Wir können heutzutage unseren Patienten sagen, die Umsetzung eines Familienwunsches ist heutzutage konkret möglich. Sicherlich bedarf es einiger Vorüberlegungen und eventuell auch einiger Untersuchungen im Vorfeld, jedoch gibt es nur sehr wenige Situationen, in denen wir heutzutage Patienten konkret von einer Schwangerschaft abraten.

Ist es schwieriger mit Rheuma Schwanger zu werden?

Grundsätzlich ist zu sagen, dass eine anhaltende Entzündung im Körper des Patienten als auch der Patientin zu einer verminderten Wahrscheinlichkeit der erfolgreichen Schwangerschaft führt. Die Spermienqualität als auch die Wahrscheinlichkeit der Einnistung der Einzelzelle ist von der Biologie her offensichtlich vermindert, solange eine anhaltende Entzündung im Körper besteht.

Gibt es Spezialisierte Rheumatologische Praxen, die auf Kinderwunsch spezialisiert sind und wenn ja, wie werden die Patientinnen dort betreut?

Das Thema Rheuma und Schwangerschaft spielt heutzutage in jeder rheumatologischen Praxis einer Rolle. Manchmal ist es nur die fehlende Kommunikation, weshalb Patienten wenig über die Möglichkeit einer Schwangerschaft erfahren. Mein Rat ist, den betreuenden Rheumatologen konkret auf den Wunsch der Familienplanung anzusprechen. Sicherlich gibt es Praxen die sich mehr oder weniger mit dem Thema beschäftigen, eine grundlegende Information sollte es jedoch in jeder rheumatologischer Praxis geben. Hochspezialisierte Praxen, die sich ausschließlich mit dem Thema Rheuma und Schwangerschaft beschäftigen, gibt es in Deutschland nicht.

Worauf sollte eine Frau mit Rheuma vor einer geplanten Schwangerschaft achten?

Als aller erstes sollten allgemeine Informationen zu dem Thema eingeholt werden. Gespräche mit der Partnerin oder dem Partner sowie der rheumatologischen Praxis sind die Grundlage für die mögliche Entscheidung für eine Schwangerschaft. Als nächstes sollte die Krankheitsaktivität vor dem Hintergrund einer möglichen Schwangerschaft noch einmal genau betrachtet werden. Auch die aktuelle Medikation sollte gegeben falls modifiziert oder umgestellt werden. Möglicherweise kann es bei einzelnen Erkrankung Sinn machen, im Vorfeld anhand von Laboruntersuchungen das Risiko einer möglichen Schwangerschaft besser einschätzen zu können. Nicht zuletzt sollte die gynäkologische Praxis ebenfalls zu dem Thema befragt werden, sodass zum Zeitpunkt der Schwangerschaft möglichst keiner der Beteiligten (werdende Eltern, rheumatologische und gynäkologische Praxis) zu von der Tatsache überrascht werden.

Teil 2: Schwangerschaft & Geburt

Kann man während eines akuten Schubs schwanger werden?

Die Wahrscheinlichkeit ist zwar geringer, bei einer aktiven rheumatischen Erkrankung schwanger zu werden, darauf verlassen sollte man sich jedoch nicht. Solange nicht die Voraussetzungen günstig sind und die aktuelle Medikation an den Schwangerschaftswunsch angepasst wurde, sollte eine effektive Verhütung gewährleistet sein. Erfahrungsgemäß sollten die Patientinnen mindestens 3 Monate eine sehr gute Kontrolle der Krankheitsaktivität haben, bevor sie schwanger werden. Dieses ist einer der besten prognostischen Marker, damit die Schwangerschaft komplikationsarm verläuft.

Gibt es Besonderheiten beim Impfen, auf die geachtet werden muss? Wenn ja, welche?

Kinder von Patientinnen, die während der Schwangerschaft intensivere Medikamente zur Immununterdrückung eingenommen haben, sollten in den ersten 5 Monaten keine Lebendimpfungen bekommen. Dieses betrifft insbesondere die Impfung von Rotaviren, die normalerweise im Alter von 6 Wochen, sowie im 2. und 4. Monat erfolgt.

Wie häufig sollten Frauen in der Schwangerschaft ihren Rheumatologen aufsuchen?

Diesbezüglich gibt es leider keine offiziellen Empfehlungen. Zum anderen hängt die Frequenz sicherlich auch von den individuellen Prognosefaktoren der Schwangeren ab. Wir sehen häufig die Patienten im 6 Wochenrhythmus bei uns in der Sprechstunde.

Vor Cortison haben viele Angst, wie stehen sie dazu, Cortison in der Schwangerschaft- ja oder nein?

Das kann man so allgemein tatsächlich nicht beantworten. Generell ist es sicherlich wünschenswert, eine Schwangerschaft ohne Medikamente führen zu können. Sollte jedoch die Krankheitsaktivität nicht ausreichende unter Kontrolle sein, mag es im Einzelfall tatsächlich sinnvoll sein, Cortison einzunehmen, um die Krankheitsaktivität zu verbessern. Dabei sollte natürlich so wenig wie möglich Cortison eingenommen werden, und gerade zu Beginn der Schwangerschaft würden wir höhere Cortisondosen gerne vermeiden.

Wie sieht es mit der Medikation aus. Raten sie dazu, die Medikamente einfach abzusetzen?

Das unkontrollierte Absetzen der Medikamente, nur wegen eines nun aktuell bestehenden Schwangerschaftswunsch oder einer eingetretenen Schwangerschaft es sicherlich nicht zu empfehlen. Auch diesbezüglich ist zunächst individuell zu schauen, welche Krankheit liegt vor, welche Krankheitsaktivität besteht zur Zeit und welche Medikamente werden zurzeit eingenommen. Durch eine rechtzeitige Kontaktaufnahme mit den betreuenden rheumatologischen Praxis vor Eintritt der Schwangerschaft lassen sich viele solcher Fragen bereits klären, sodass es gar nicht zu solchen akuten und vielleicht überstürzten Therapieumstellung kommen muss.

Wie ist die Zusammenarbeit mit dem Gynäkologen und wer betreut die Patientin während der Schwangerschaft vorrangig?

Ich halte es für absolut wichtig, dass die Rheumatologen und Gynäkologen zusammen die Schwangerschaft betreuen. Jeder hat seinen aktiven Part in der Betreuung der Schwangerschaft. Der Rheumatologe muss dabei kein Gynäkologe sein und andersrum. Wenn aber beide ihre Erfahrung in die Waagschale legen und sich miteinander austauschen, dann bestehen die besten Voraussetzungen für eine erfolgreiche Schwangerschaft. Es ist nicht zwingend notwendig, dass die Rheumatologen die Gynäkologen gemeinsam und gleichzeitig die Patientin sehen oder täglich miteinander telefonieren, wenn Sie jedoch sich zum Beispiel anhand von Arztbriefen regelmäßig austauschen und ihre aktuellen Empfehlung darlegen, sind alle ausreichend informiert und können falls notwendig, miteinander telefonieren um das weitere Procedere in der Betreuung der Schwangerschaft möglicherweise anzupassen.

Teil 3: Nach der Geburt

Was ist nach der Geburt für Mutter und Kind wichtig?

Während der Schwangerschaft sollte durch die Gynäkologen über die Möglichkeiten individuelle Möglichkeiten der Geburt gesprochen werden. Dabei ist die rheumatologische Erkrankung selten ein Grund, keine natürliche Geburt sich zu wünschen. Es gibt jedoch einzelne Situation, da wird den Schwangeren wahrscheinlich die Geburt mittels Kaiserschnitt empfohlen. Bei der Beurteilung der Risikosituation ist die Rolle des Rheumatologen deutlich kleiner als die des Gynäkologen.

Bezüglich der ersten Lebenstage des Kindes sollte bereits während der Schwangerschaft auf Prognosefaktoren zum Beispiel in den Laborwerten geachtet werden. Es gibt einzelne Erkrankung bei den kann anhand von Laboranalysen erkannt werden, ob zum Beispiel das Kind möglicherweise in den Tagen nach der Geburt einen Hautausschlag haben könnte, der auf die Rheumawerte der Mutter zurückzuführen sind. Dieser Ausschlag ist per se nicht gefährlich, kann jedoch zu Irritationen führen, wenn man nicht darauf gefasst ist. In den ersten Lebensmonaten verschwindet zum Beispiel dieser Hautausschlag spontan und komplett.

Wann sollte man die Therapie nach der Geburt wieder beginnen?

Sollte vor der Schwangerschaft eine rheumatologische Therapie beendet worden sein, gibt es keine Regel die besagt, dass nach der Geburt des Kindes die Therapie automatisch wieder aufgenommen werden sollte. Die Entscheidung sollte in Abhängigkeit von der Tatsache gemacht werden, wie sich die Krankheitsaktivität bei der Mutter nach der Geburt verhält und ob die Mutter stillt. Es kann gegebenenfalls sinnvoll sein, eine Therapie nach der Geburt und während des Stillens wieder aufzunehmen, diese sollte jedoch nur in Absprache mit der betreuenden rheumatologischen Praxis erfolgen.

Sollte man während dem Stillen die Therapie pausieren?

Es ist zumeist so, dass wenn die rheumatologischen Medikamente während der Schwangerschaft fortgesetzt worden, können diese Medikamente auch während der Stillzeit fortgesetzt werden. Medikamente die nur während der Schwangerschaft, aber nicht während der Stillzeit eingenommen werden dürfen, sind mir in der Rheumatologie nicht bekannt.

Fazit: Welche Erfahrungen haben sie bei/mit ihren Patienten gemacht?

In Anbetracht der Tatsache, dass wir eine Sprechstunde für Rheumaerkrankte mit Kinderwunsch anbieten, betreuen wir viele Patienten vor, während und nach der Schwangerschaft. Unsere Erfahrung ist, dass allein die Tatsache, dass ein Familiengründung und generell realisierbar erscheint, trotz einer rheumatologischen Erkrankung, bei den meisten Patienten zur Erleichterung führt. Wenn man dann die oben beschriebenen Konzepte mit den Patienten und deren Partnern durch spricht, erkennen die meisten zumeist selber, wann ein möglicher richtiger Zeitpunkt für die konkrete Umsetzung des Familienwunsches sein könnte. Zudem ist unsere Erfahrung, dass die Komplikationen während der Schwangerschaft nicht unbedingt mit der Art der rheumatischen Erkrankung eng assoziiert sind, sondern die ausreichende Kontrolle der Krankheitsaktivität in den ersten drei Monaten vor der Schwangerschaft eigentlich die beste Vorhersage gibt, wie viel Schwierigkeiten während der Schwangerschaft auftreten können.

Wichtig ist uns auch, dass wenn eine Schwangerschaft nicht erfolgreich war es eher selten rheumatologische Gründe sind. Auch bei gesunden Müttern brechen Schwangerschaften in den ersten zwölf Wochen nicht selten ab. Das Gefühl, dass die Patientin selber daran schuld sei oder sie nicht alles dafür getan hätte, um die Schwangerschaft erfolgreich fortzusetzen, darf bei den Patientinnen nicht aufkommen.

Wofür ist ein Rheuma-Schwangerschafts-Register?

Das Schwangerschaftsregister Rhekiss dient dazu, noch mehr über die Schwangerschaften bei Rheumapatienten zu lernen. Alles das was wir heute dazu wissen, resultiert aus der Betreuung der Schwangerschaften in den vorherigen Jahrzehnten. Es gibt nahezu keine Studien zur individuellen Prognosefaktoren oder der Anwendung von Medikamenten während der Schwangerschaft, da sich dieses ethisch auch nicht vertreten ließe. Um in Zukunft aber noch besser unsere Patienten betreuen zu können, ist es unser Ziel individuelle Prognosefaktoren kennen zu lernen, die noch mehr erfolgreiche Schwangerschaften zur Folge haben.



Interview mit Dr. Aries: Ist Rheuma vererbbar?

Welche Risikofaktoren gibt es eine Autoimmunerkrankung zu bekommen?

Neben dem genetischen Risiko, das man vererbt bekommt, gibt es noch zahlreiche andere Risiken, die zu der Entstehung einer Autoimmunerkrankung führen können. Dazu gehören unter anderem Infektionen, Umweltfaktoren und Lifestylefaktoren. Alle diese Faktoren haben in unterschiedlichen Ausmaße Einfluss auf die Entstehung von Autoimmunerkrankungen, wobei man für jeden einzelnen Patienten und jede einzelne Erkrankung das Ausmaß des Einflusses nicht quantifizieren kann.

Kann man es prüfen, ob man eine genetische Disposition hat?

Es gibt eine Vielzahl von Genen, die mit bestimmten Autoimmunerkrankungen wie der Psoriasis, der MS oder entzündlich rheumatische Erkrankung assoziiert sind. Eine Testung dieser vielen Gene ist jedoch im im praktischen Alltag nicht möglich und auch nicht sinnvoll. Fast keines dieser Gene gibt einen tatsächlich Auskunft darüber, wie wahrscheinlich es ist, eine Autoimmunerkrankung im weiteren Verlauf zu bekommen. Assoziation bedeutet lediglich, dieses Gen kommt bei dieser Erkrankung häufiger vor, hilft dann aber nicht bei der Diagnosestellung, bei der neben diesem einen Gen noch viele andere Gene, die Kombination von Genen oder einer von den anderen oben genannten Faktoren eine Rolle spielen.

Was kann man präventiv tun, wenn man weiß, man hat eine genetische Disposition?

Eine gesunde Lebensweise ist sicherlich so oder so sinnvoll. Egal ob man eine genetische Veranlagung für bestimmte Erkrankungen hat oder nicht: Eine ausgewogene Ernährung und eine gesunde Lebensgestaltung sind in jeder Hinsicht sinnvoll. Auch wenn die Auswirkung davon ebenfalls nicht quantifiziert werden kann, so ist z. B. der Verzicht auf Nikotinkonsum, nur geringe Mengen von Alkohol, viel Bewegung und eine ausgewogene Ernährung genauso sinnvoll wie negativen Stress zu reduzieren. Dieses hat nicht nur Auswirkung auf die Autoimmunerkrankung sondern natürlich auch auf das sonstige Wohlbefinden, die kardiovaskulären Erkrankungen und die psychische Gesundheit.
Was spielt eine größere Rolle eine Autoimmunerkrankung zu bekommen – der Lebensstil oder die Gene?
Das ist tatsächlich nicht zu quantifizieren. Dadurch, dass fast keine der Erkrankung nur durch einen der Faktoren hervorgerufen wird, sondern es sich um multifaktorielle Erkrankungen handelt, kann man das Risiko nicht quantifizieren. Zudem ist auch nicht bekannt wie viele dieser Faktoren zu welchem Maße bestehen müssen, damit eine Erkrankung entsteht.

Kinderwunsch: Mein Mann und ich haben beide Rheuma – Ist es ein großes Risiko für unser Kind oder kann man es schon im Mutterleib testen?

Weder eine Testung vor der Geburt noch nach der Geburt wird heutzutage empfohlen, da es keine Möglichkeit gibt, das konkrete Risiko zu berechnen. Viele Eltern fragen, ob sie nicht bei den Kindern schon eine genetische Untersuchung machen sollten, die Antwort sollte immer sein: Nein. Ohne eine klinische Symptomatik oder einen konkreten Verdacht der vorliegenden Autoimmunerkrankung ist eine genetische Diagnostik definitiv nicht zu empfehlen. Selbst wenn man die Möglichkeit hätte, das konkrete Risiko zu berechnen, wäre es heutzutage keine Möglichkeit, eine präventive Therapie den Menschen zu empfehlen. Es bleibt dabei, sollten die Eltern Autoimmunerkrankungen haben, dann sollten die Kinder nur dann im Hinblick auf diese Autoimmunerkrankung dem Arzt vorgestellt werden, wenn eine klinische Symptomatik vermutet wird.

Lupus erythematodes: Experteninterview mit Dr. Peer M. Aries

Laut Angaben der Berliner Charité leiden in Deutschland rund 20.000 Menschen an der Autoimmunerkrankung Lupus erythematodes oder auch „Schmetterlingsflechte“ genannt. Die Ausprägung der Krankheit reicht dabei von Gesichtsrötungen bis zu Gelenkschmerzen und hat eine Vielfalt an Symptomen. Dr. Peer M. Aries von der Rheumatologie im Struenseehaus in Hamburg erzählt uns, welche Therapieformen und Behandlungsmöglichkeiten es gibt, was Betroffene selbst tun können und was man bei Kinderwunsch beachten sollte.

Was ist Lupus erythematodes (LE)?

Der Lupus erythematodes gehört zu den Formen des Weichteilrheuma, auch genannt Kollagenosen. Es ist eine Autoimmunerkrankung, die insbesondere die Haut und Schleimhäute betreffen kann. Bei der systemischen Verlaufsform kann es auch zu entzündlichen Veränderungen der Gelenke bzw. der inneren Organe (Herz, Lunge und Niere) kommen. Für die Patienten ist es wichtig zu wissen, dass nicht jeder Patient mit einem Lupus einen schweren Verlauf mit Beteiligung aller Organe haben wird. Die meisten Patienten haben eine mildere Verlaufsform.

Was ist die Ursache von LE und wie entsteht er?

Einen einzelnen Auslöser für den Lupus erythematodes gibt es – wie für viele andere Autoimmunerkrankung – tatsächlich nicht. Wir wissen heute, dass offensichtlich einige Gene zu dieser Erkrankung prädisponieren, das heißt die Wahrscheinlichkeit erhöhen, dass ein Patient diese Erkrankung bekommt. Diese Gene sind jedoch nicht allein entscheidend. Es gibt viele Menschen mit solchen Genen, die keine Autoimmunerkrankung bekommen. Es müssen also noch andere Faktoren hinzu kommen, wie z.B. Umweltfaktoren oder auch Infektionen. Auch dabei spielt es eine wichtige Rolle das nicht der einzelne Umweltfaktoren oder die einzelne Infektion letztendlich für die Autoimmunerkrankung entscheidend ist, es scheint in der Hinsicht aber eine Rolle zu spielen, dass es das Immunsystem durcheinanderbringt und zu einer autoaggressiven handelsweise verleitet.

Welche Formen des LE gibt es?

Wir unterscheiden grob zwischen dem auf die Haut begrenzten Lupus erythematodes und der systemischen Verlaufsform, bei dem auch außerhalb der Haut entzündliche Veränderungen auftreten können.

Welche Therapieformen und Behandlungsmöglichkeiten gibt es?

Bei der Therapie hat sich in den letzten Jahren und Jahrzehnten viel getan. Dabei ist es nicht nur wichtig, dass wir eine Vielzahl von Medikamenten inzwischen zur Verfügung stehen haben, sondern auch das Konzept, wann man welche Therapie einsetzt ist heutzutage von entscheidender Bedeutung. Wir richten uns dabei nach dem Verlauf der Erkrankung. Es gibt nicht eine Therapie, die allen Patienten grundsätzlich zu empfehlen ist.

Wir unterscheiden zwischen einer milden und schweren Verlaufsform und versuchen auch die individuellen Unterschiede der Patienten dabei zu berücksichtigen. Dazu gehört natürlich auch, wie es z.B. mit einem Schwangerschaftswunsch aussieht oder welche Vortherapien die Patientin bereits gehabt hat. Tatsächlich empfehlen wir sehr vielen Patienten die Einnahme von Quensyl, da gerade bei der systemischen Verlaufsform bekannt ist, dass wir mit dieser Therapie Schübe bzw. einen schweren Verlauf vermeiden können. In Anbetracht der Tatsache, dass das Risiko von Nebenwirkungen relativ gering ist, sind wir sehr großzügig mit der Empfehlung der Therapie insbesondere auch bei Patientinnen, die in näherer Zeit schwanger werden wollen.

Was können Betroffene selbst tun?

Die Frage ist natürlich besonders häufig, da viele Patienten nicht alleine abhängig sein wollen von den Medikamenten. Grob gesagt, und sicherlich nicht erstaunlich, ist eine gesunde Lebensweise für solche Autoimmunerkrankung zuträglich. Eine ausgewogene Ernährung oder auch Vermeidung von viel Stress ist von Vorteil. Zweites ist nicht immer in der Entscheidung der Patienten, und wir wollen unserer Patienten auch nicht in einen Glaskasten sperren. Letztendlich soll unsere Therapie den Patienten ermöglichen, ein ganz normales Leben zu führen. Dazu gehört eben auch mal Stress.

Auf der anderen Seite sollten die Patienten sich freizeitliche Aktivitäten suchen, die z.B. zum Stressabbau führen können. Der Schlagwort ist heutzutage Achtsamkeit, dieses kann z.B. beinhalten mehr Sport und Bewegung zu machen, oder auch sonstige Entspannungstechniken zu lernen. Bezüglich der Ernährung ist es mir wichtig, dass die wissenschaftliche Grundlage für solche Empfehlungen tatsächlich sehr begrenzt ist. Dennoch kann man all unseren Patienten empfehlen, dass die Berücksichtigung einer mediterrane Kost sicherlich von Vorteil ist. Dieses beinhaltet möglichst wenig Fleisch und Alkohol und viel Omega 3 Fettsäuren, z.B. in entsprechenden Ölen wie Walnussöl oder Leinsamenöl oder auch in Form von Fischen. Die Einnahme von Omega 3 Fettsäurenkapseln ist sicherlich auch möglich, wird aber von den meisten Rheumatologen gegenüber der grundsätzlichen Ernährungsumstellung nicht bevorzugt.

Müssen Lupus Patienten bei bestehenden Kinderwunsch etwas beachten und kann die Therapie während der Schwangerschaft weiter geführt werden?

Es ist zu empfehlen, dass das Thema mit dem Rheumatologen im Vorwege besprochen wird. Dieses ist sicherlich nicht besonders Romantisch, kann aber für eine erfolgreiche Schwangerschaft von besonderer Bedeutung sein. In diesem Gespräch geht es darum, wann ein guter Zeitpunkt für eine Schwangerschaft ist. Wir wissen z.B. das Patienten mindestens 3-6 Monate vor der Empfängnisschutz einen kontrollierten Krankheitszustand (sogenannte Remission) haben sollten, weil damit das Risiko für eine zunehmende Krankheitsaktivität während der Schwangerschaft vermieden werden kann.

Außerdem muss geschaut werden, welche Medikamente die Patienten zu dem Zeitpunkt des Kinderwunsches einnehmen. Einige Medikamente verbieten sich bei einem Schwangerschaftswunsch, andere Medikamente werden explizit empfohlen. Zudem sollten noch individuelle Risikofaktoren für eine Schwangerschaft untersucht werden, dabei sind z.B. Antikörper zu berücksichtigen, die z.B. für das Kind und die Entwicklung einer Hautveränderung von Bedeutung sein könnten, oder auch Antikörper, die etwas mit der Blutgerinnung zu tun haben.

Dr. Peer M. Aries ist Facharzt für Innere Medizin / Rheumatologie und betreibt in Hamburg eine Gemeinschaftspraxis für Rheumatologie und klinische Immunologie. Wesentlicher Bestandteil ist die enge interdisziplinäre Zusammenarbeit mit den Abteilungen für Lungen, Nieren und Bluterkrankungen sowie der Radiologie. Schwerpunkte sind Innere Medizin, Rheumatologie, Klinische Immunologie sowie Rheuma und Schwangerschaft.