
Die Geschichte von Mery
Wie verlief dein Weg von den ersten Symptomen bis zur Diagnosestellung? Gab es Besonderheiten oder Schwierigkeiten?
Mein Weg zur Diagnose war ehrlich gesagt ziemlich kräftezehrend. Der SLE wurde bei mir mit jungen 14 Jahren diagnostiziert. Über Monate hatte ich immer wieder Beschwerden, die ich mir nicht erklären konnte: Ich war ständig erschöpft, hatte Gelenkschmerzen, Ausschläge, Fieber und grippeähnliche Symptome. Ich wusste, dass etwas nicht stimmte, aber niemand konnte mir sagen, was es ist. Bis ich dann einen kurzen Ohnmachtsanfall hatte und ins Krankenhaus musste.
Ich wurde in mehreren Krankenhäusern durchgecheckt, weil meine Blutwerte so schlecht waren, dass zunächst sogar der Verdacht auf Leukämie im Raum stand. Erst nach vielen Untersuchungen kam schließlich die richtige Diagnose: systemischer Lupus erythematodes.
Wie hast du die Diagnose Lupus aufgenommen? War dir, deiner Familie und deinen Freunden klar, was diese Diagnose bedeutet?
Als ich die Diagnose bekommen habe, war ich noch sehr jung. Einerseits war ich erleichtert, dass meine Symptome endlich einen Namen hatten. Andererseits war da sofort diese große Angst – Lupus? Chronisch? Unheilbar? Ich kannte die Krankheit kaum, und mein Umfeld auch nicht. Also mussten wir alle erstmal viel lernen, verstehen, nachfragen… Das war nicht leicht, aber auch irgendwie der Beginn von etwas Neuem.
Wie weit ist die Krankheit bereits fortgeschritten?
Ich habe eine Lupus Nephritis Klasse V. Momentan ist mein Lupus eher ruhig, trotzdem unberechenbar, aber zum Glück einigermaßen unter Kontrolle. Ich hatte schon heftigere Schübe, ich habe eine ausgeprägte Nierenbeteiligung, eine beginnende Osteoporose und ebenfalls Asthma entwickelt. Aber mit der richtigen Behandlung und viel Selbstfürsorge habe ich gelernt, auf meinen Körper zu achten und schneller zu reagieren.
Was ist bis jetzt deine größte Herausforderung mit Lupus gewesen? Hast du ein paar Tipps, wie man diese meistern kann?
Die ständigen Gelenkschmerzen und die Kraftlosigkeit stoppen mich in vielen Situationen. Außerdem ist es schwierig, dass man mir von außen oft nichts ansieht – aber innerlich ist ständig was los. Dieses „unsichtbar krank sein“ kann sehr einsam machen. Mein Tipp: Sprich offen über das, was du fühlst. Suche dir Menschen, die dich ernst nehmen, und sei nicht zu streng mit dir. Es ist okay, mal schwach zu sein. Du musst dich niemandem beweisen.
Auf deinem Instagram-Account @lovelife_lupus erzählst du, dass die Tage mit Lupus nicht vorhersehbar oder vergleichbar sind. Das ist eine unglaubliche mentale Belastung für dich und dein Umfeld. Wie schaffst du es damit umzugehen?
Ich liebe Struktur, auch wenn ich sie nicht immer einhalten kann. Kleine Routinen geben mir Sicherheit: morgens eine Tasse Tee, abends spazieren gehen und Netflix schauen ;), Pausen bewusst einplanen. Und wenn ein Tag gar nicht läuft? Dann versuche ich, gnädig mit mir zu sein. Ich sage mir: Heute ist nicht mein Tag und das ist okay.
Wie hat die Lupus-Diagnose dein Leben und deinen Lebensweg verändert?
Lupus hat mich gezwungen, vieles zu überdenken. Ich musste lernen, besser auf mich zu achten, klarer Nein zu sagen und Prioritäten zu setzen. Auch beruflich habe ich mich verändert, ich möchte meine Erfahrungen teilen und aufklären. Und ja, manche Menschen sind gegangen, andere sind neu dazugekommen. Heute umgebe ich mich bewusster mit denen, die mir guttun.
Wie oft hörst du den Satz „Du siehst aber gar nicht krank aus“ – und was macht er mit dir?
Leider viel zu oft. Anfangs hat mich das wirklich verletzt, ich fühlte mich nicht ernst genommen. Heute versuche ich, es als Gelegenheit zur Aufklärung zu sehen, aber manchmal tut’s trotzdem weh. Weil es zeigt, wie wenig Verständnis es für chronisch Kranke gibt, denen man es nicht ansieht.
Was würdest du dir anstelle des Satzes wünschen?
Ein ehrliches: Wie fühlst du dich wirklich? Das wäre so viel wertvoller. Echtes Interesse statt oberflächlichem Kommentar.
Wie geht es dir aktuell?
Ich fühle mich ganz okay. Oft aber auch sehr müde und kraftlos. Oft habe ich Schmerzen in den Gelenken. Ich bin trotzdem dankbar für alles. Vor allem gibt mir meine Familie sehr viel Kraft und ich nehme die kleinen guten Momente bewusst wahr, weil ich weiß, dass sie nicht selbstverständlich sind.
Therapierst du gerade? Mit welchen Medikamenten? Was sind deine Erfahrungen?
Ja, ich habe lange Zeit viel Kortison genommen, auch mit anderen Immunsuppressiva habe ich Erfahrungen gemacht. Ich nehme aktuell Hydroxychloroquin, Ramipril, Immunsuppressiva=Myfortic, Forxiga, Vitamin D. Die Medikamente helfen, aber sie bringen auch Nebenwirkungen mit sich. Es ist immer ein Abwägen. Ich bin eng im Austausch mit meinen Ärzt*innen und achte sehr auf regelmäßige Kontrollen.
Hast du schon alternative Heilmethoden ausprobiert, die dich zu deiner Therapie unterstützen sollen?
Leider nicht viel. Ein bisschen Meditation und leichte sportliche Aktivitäten. Ich wäre aber offen für alles, was mir hilft.
Was motiviert dich am meisten, wenn es dir durch die Autoimmunerkrankung so richtig schlecht geht?
Wenn’s mir richtig schlecht geht, denke ich an mein ‚Warum‘: Ich will ein gutes Leben führen – auch mit Lupus. Ich denke an die Menschen, die mir Kraft geben – wie meine Familie und gute Freunde – und ich erinnere mich: Jeder Schub geht vorbei. Immer. Ich liebe das Leben!
Was triggert deinen Lupus?
Negativer Stress, UV-Licht, Hormone, Schlafmangel das sind meine größten Trigger. Ich achte deshalb sehr bewusst auf Erholung, meide direkte Sonne, nutze immer Sonnenschutz und versuche, emotionalen Druck früh zu erkennen und gegenzusteuern.
Hast du das Gefühl, du wirst von der Gesellschaft und der Medizin genug wahrgenommen und unterstützt?
Ehrlich gesagt: oft nicht so. Es gibt noch so viel Unwissen, so viele Vorurteile. Ich wünsche mir mehr Aufklärung, mehr Forschung und vor allem mehr Zuhören. Denn nur wer versteht, kann wirklich unterstützen.
Was wünschst du dir in Bezug auf die Krankheit?
Ich wünsche mir mehr Sichtbarkeit, mehr Verständnis und mehr Forschung! Dass Lupus nicht mehr so ein unbekanntes Wort ist. Und dass Betroffene nicht kämpfen müssen, um ernst genommen zu werden.
Schlusswort
Mein Motto: Ich bin nicht meine Krankheit, aber sie gehört zu mir.
An alle, die ebenfalls mit Lupus leben: Ihr seid nicht allein. Euer Weg ist wertvoll. Gebt euch Zeit, hört auf euren Körper und sucht euch Menschen, die euch verstehen. Ein gutes Leben ist möglich – auch mit einer Diagnose.
Weitere Mut-Mach-Geschichten
-
EGPARheumatische ErkrankungenDie Geschichte von Alke
- Name: Alke
- Alter: 50
- Diagnose:EGPA (Dezember 2014)
-
LupusRheumatische ErkrankungenDie Geschichte von Jennifer
- Name: Jennifer Van Gasse
- Alter: 28
- Diagnose:Lupus (November 2024)
- Link: @jennyvngse
-
Sjögren SyndromRheumatische ErkrankungenDie Geschichte von Sarah
- Name: Sarah
- Alter: 34
- Diagnose:Sjögren Syndrom (Januar 2022)Reaktive Arthritis (Juli 2023)
- Link: @embracing_unknown