Name: Anne
Diagnose: Systemischer Lupus Erythematodes (SLE), Januar 2022
Alter: 31 Jahre
Interview:
Wie verlief dein Weg von den ersten Symptomen bis zur Diagnosestellung? Gab es Besonderheiten oder Schwierigkeiten?
Bei mir fing alles so an, dass ich eines Morgens im April 2021 aufwachte und auf meinem rechten Auge alles nur noch verschwommen sah. Ich ging dann zum Augenarzt, der mich ins Krankenhaus überwies. Dort musste ich viele Untersuchungen machen, weil zunächst der Verdacht auf Multiple Sklerose bestand. Die Ärzte empfahlen mir jedoch auch einen Besuch beim Rheumatologen.
Zum Glück bekam ich relativ schnell einen Termin, da ich durch eine Bekannte vermittelt wurde. Im Juni hatte ich leider schon meinen nächsten Schub. Ab diesem Zeitpunkt bekam ich Quensyl, ein Mittel zur Entzündungshemmung bei Autoimmunerkrankungen. Im Oktober konnte ich mich dann vor Schmerzen und Gelenksteifigkeit kaum noch bewegen. Leider vertrug ich das MTX gegen die Gelenkentzündungen nicht und wurde in die Uniklinik Göttingen überwiesen. Dort wurde dann systemischer Lupus Erythematodes, kurz SLE, festgestellt, eine Autoimmunerkrankung, die Entzündungsreaktionen auslöst, die zu Organschäden führen können.
Die Besonderheit bei mir: Mein Auge ist betroffen. Das kommt sehr selten vor. Auch bei meiner Cousine wurde SLE diagnostiziert, und sie hat ebenfalls diese Augenbeteiligung.
Wie hast du die Diagnose Lupus aufgenommen? War dir, deiner Familie und deinen Freunden klar, was diese Diagnose bedeutet?
Ich war einfach nur froh, endlich zu wissen, was mit mir los ist. Die Ungewissheit davor war viel schlimmer. Meiner Familie war auch nicht wirklich klar, was das alles bedeuten würde. Anfangs haben sie oft gesagt, ich solle mich einfach mal zusammenreißen. Ich war froh, dass meine Tante Ärztin ist und allen ein bisschen ins Gewissen geredet hat, dass das eine schwere Krankheit ist.
Was ist bisher deine größte Herausforderung mit Lupus gewesen? Hast du vielleicht ein paar Tipps, wie man diese meistern kann?
Am schlimmsten war für mich, dass ich vieles nicht mehr selbstständig machen konnte und ständig erschöpft war. Ich war vorher sehr aktiv, und die Krankheit hat mir viele Hobbys genommen.
Ich würde aber jedem raten, den Kopf nicht hängen zu lassen. Irgendwie bekommt man das alles hin, und man sollte um Hilfe bitten, egal wie schwer es ist. Ich weiß, dass das Überwindung kostet, gerade wenn man sehr selbstständig ist. Man sollte auch die schönen Momente mehr genießen und daraus seine Kraft schöpfen, wenn es einem nicht gut geht.
Wofür bist du dankbar im Kontext deiner Autoimmunerkrankung?
Ich bin wahnsinnig dankbar für die Hilfe meiner Familie. Ich bin auch dankbar, dass ich in der Selbsthilfegruppe eine super nette Freundin kennengelernt habe, die mich bei meinen Problemchen einfach versteht, weil sie genau weiß, worüber ich spreche. Ebenfalls dankbar bin ich für jeden Tag, an dem ich aufstehe und mich gut fühle. Genauso bin ich dankbar, wenn ich keine Schmerzen habe. Und ich bin für jeden Tag dankbar, an dem ich das Leben genießen kann und glücklich bin.
Hat die Diagnose systemischer Lupus erythematodes dein Leben und seinen Weg verändert?
Ich kann viele Hobbys, wie Nähen, Tauchen oder Wandern eigentlich gar nicht mehr ausüben. Das hat mich sehr getroffen. Ich habe mich auch mehr zurückgezogen und bin zu neuen Bekanntschaften distanzierter als vor der Krankheit.
Auch in der Arbeit war es wirklich schwer. Meine Kollegen waren aufgrund meines häufigen Fehlens zum Teil nicht sehr nett zu mir. Ich musste mir Sachen anhören wie zum Beispiel „such dir doch einfach einen anderen Job“ oder „du machst doch nur krank, weil du keine Lust hast zu arbeiten“. Das hat mich oft sehr hart getroffen.
Wie geht es dir aktuell?
Momentan geht es mir relativ gut. Ich komme mittlerweile ziemlich gut mit allem zurecht. Gerade die Reha, die ich kürzlich gemacht habe, hat mir wirklich gut getan. Aber ich habe auch Angst, dass die Krankheit schlimmer wird und mich noch mehr einschränkt. Und auch, dass mir noch mehr Haare ausfallen und ich eine Glatze habe.
Therapierst du gerade?
Ich nehme momentan Belimumab, Azathioprin, Prednisolon, Amitriptylin und Vitamin D ein. Natürlich nehme ich zur Nahrungsergänzung noch Omega 3 und Magnesium. Leider war es bei mir bis jetzt ein langer Weg des Ausprobierens, bis ich die Medikamente gefunden habe, die keine Nebenwirkungen auslösen. Es steht auch noch aus, ob ich nicht wieder einen Medikamentenwechsel machen muss, da ich trotz Biologika vor 4 Monaten einen schweren Schub hatte. Was ich noch nicht ausprobiert habe, sind alternative Heilmethoden.
Was motiviert dich am meisten, wenn es dir durch die Autoimmunkrankheit schlecht geht?
Am meisten motiviert mich, wenn es mir schlecht geht, dass ich weiß, es wird bald wieder gute Zeiten geben, an denen ich lachen und wieder glücklich sein kann.
Was wünschst du dir in Bezug auf die Krankheit?
Ich würde mir wünschen, dass die Menschen sensibler mit chronischen Krankheiten umgehen würden. Natürlich würde ich mir auch wünschen, ein Medikament zu finden, mit dem es mir wirklich sehr gut geht.
Schlusswort:
Mein Fazit zum Lupus ist: Man sollte nie aufgeben und immer weitermachen, egal ob die Haare ausfallen oder ein Schub die Organe angreift.
Ich habe durch meinen Onkel, der MS hat, gelernt, dass man immer das Beste aus einer Situation machen sollte, egal wie hart die Krankheit einen trifft.
Man sollte auch nicht verlernen, die kleinen Dinge des Lebens zu genießen, wie gutes Essen und ein Abend mit Freunden. Manchmal ist das auch die beste Medizin.
Mein erster Rat: Auf seinen Körper zu hören. Wenn man nicht mehr kann, sollte man eine Auszeit nehmen, egal