Name: Annika Thomßen
Alter: 36
Diagnose : Colitis Ulcerosa 2019 – PSC / AIH 2019
Instagram: @ohgott_diese_annika
Interview:
Was war zuerst da: Primär sklerosierende Cholangitis (PSC) oder die Colitis Ulcerosa?
Ich würde sagen, unentdeckt die Colitis Ulcerosa, aber anhand alter Laborwerte wurde von der die Yael Ambulanz gemutmaßt, dass zu diesem Zeitpunkt die PSC auch schon anfing.
Wie verlief dein Weg von den ersten Symptomen bis zur Diagnosestellung?
Erstmal habe ich seit eh und je Durchfälle gehabt. Ab 2017 kam die Müdigkeit dazu, die sich bis 2019 zuspitzte. Ich war körperlich so kaputt, das ich noch nicht mal den Weg zu meiner Arbeit (15 Minuten Fahrzeit) in einem Stück durchfahren konnte. Dann kam der Ekel auf Fleisch und zu guter Letzt bin ich gelb angelaufen. Die Diagnosestellung war bei mir auf dem Land schwer: 6 Wochen lang lag ich mit falscher Diagnose im Krankenhaus. Dann aber in der Uniklinik Eppendorf kam das Ergebnis bereits nach 5 Tagen.
Wie hast du die Diagnosen aufgenommen? War dir, deiner Familie und deinen Freunden gleich klar, was sie bedeuten?
Ich würde mich selbst als Optimistin bezeichnen. Deshalb habe ich die Diagnose ernst genommen, hab sie aber nicht meinen Alltag bestimmen lassen. Jetzt aber wird die Luft dünn und eine Transplantation steht unausweichlich auf dem Plan. Nun hab ich natürlich auch Angst.
PSC ist nicht allgemein bekannt. Kannst du uns erzählen, welche Symptome die klassischen sind?
Die Symptome bei mir sind: Müdigkeit, Juckreiz, Konzentrationsschwierigkeiten, Wundheilungsstörung.
Tatsächlich ist neben der Müdigkeit die Wundheilung grade mein größtes Problem. Ich liege seit 11 Wochen in Bochum im Krankenhaus. Durch einen Darmverschluss musste ich operiert werden. Der Bauchschnitt ist richtig lang und verheilt nicht.
Mein Tipp für alle wäre hier auf jeden Fall: Ressourcen richtig einteilen. Macht Pausen und gönnt euch Ruhe.
Sind CED und PSC häufiger gemeinsam anzutreffen? Befeuern sich die beiden Autoimmunerkrankungen gegenseitig oder sind sie ganz gut einzeln zu behandeln?
PSC tritt häufig mit einer CED auf und ich denke das sich beide wirklich anfeuern. Aktuell bin ich austherapiert und kann nur auf Kortison bleiben.
Wovor fürchtest du dich, wenn du an die Autoimmunerkrankungen und deine Zukunft mit ihnen denkst?
Ich hoffe sehr, das ich die passende Leber finde, das mein Körper mitmacht und ich diese Zeit überstehe.
Gibt es was, wofür du dankbar bist Kontext deiner Autoimmunerkrankungen?
Ich bin dankbar für die Menschen in meinem Umfeld, die trotz der bescheiden Lage bei mir stehen. Aktuell liege ich 280 Km von zuhause weg im Krankenhaus und trotzdem bekomme ich Besuch. Das ist ein tolles Gefühl. Ich bin außerdem dankbar für meine Arbeitsstelle, die ich trotzdem weiter machen kann. Darüber hinaus bin ich dankbar für tolle Momente, die ich mehr denn je genieße!
Ich bin dankbar für mein mentales ICH, das mir so stabil durch diese Zeit hilft. Ich weiß nicht woher die Kraft kommt, aber ich bin nach 11 Wochen immer noch recht optimistisch.
Witzig ist, das ich mein Stoma total feiere, ich hab sie 2022 Gisela genannt – und mir fällt oft auf, wie entspannt ich durch den Alltag gehen kann seitdem sie da ist. Kino, Musical, Urlaub – alles kein Thema mehr. Dafür bin ich sehr dankbar.
Du bist offenbar glückliche Stomaträgerin. Welche Tipps für ein entspanntes Leben mit Stoma kannst du den Leser*innen geben?
Mir wurde 2022 eine OP nahegelegt, und ganz ehrlich, hätte ich gewusst wie geil das Leben mit Stoma ist! Ich könnte mir in den Hintern treten, dass ich mich von den vielen Horrorgeschichten rund um Stomata so abschrecken hab lassen. Mir geht’s darmtechnisch richtig gut! Und alleine der Gedanke an kein brennendes Hinterteil – das war’s wert.
Als Fotografin kann man dich und deine Bilder auf deinem Insta-Profil @ohgott_diese_annika verfolgen. Wie läuft die Arbeit mit den Autoimmunkrankheiten?
Ein Alltag als Fotografin ist nicht mehr möglich. Ich habe aber die Chance bekommen, in einer Werbeagentur neu durchzustarten. Habe mich neu auf das Thema Social Media spezialisiert und kümmere mich um die Accounts verschiedener Firmen. Die Kamera hab ich aber trotzdem nicht zur Seite gelegt, dann und wann habe ich kleine Hochzeiten, Familienfeste und schöne andere Aufträge.
Wie geht es dir aktuell?
Wie oben gesagt habe ich eine starke Wundheilungsstörung und liege nach einem Dünndarmverschluss nun schon lange im Krankenhaus. Die Leber macht Zicken und daher geht’s mir aktuell nicht ganz so gut. Aber es muss ja weitergehen 🙂
Therapierst du gerade?
Aktuell ist keine Immunsuppression aktiv, alles musste pausiert werden.
Hast du schon alternative Heilmethoden ausprobiert, die dich zu deinen Therapien unterstützen sollten?
Ich fühle mich sehr gut aufgehoben bei meiner Kinesiologin. Sie hilft mir, mental stark zu bleiben und mein Mindset positiv zu halten. Wer für so etwas offen ist, sollte das mal ausprobieren. Entspannung und Ruhe sind halt wirklich wichtig.
Was motiviert dich am meisten, wenn es dir schlecht geht?
Aufgeben ist keine Option.
Was wünscht du dir in Bezug auf die Krankheit?
Ganz klar: Das Menschen mit unsichtbaren Behinderungen irgendwann genauso akzeptiert werden wie jemand, der eine sichtbare Behinderung hat. Oft wird man „doof“ angemacht, wenn man auf die Toilette möchte und nicht sichtbar ist, an was man leidet.
Schlusswort:
Fazit, Rat an Betroffene, Motto etc.
Sehr geehrtes „Was-mich-nicht-umbringt“, ich fühle mich jetzt schon viel stärker. Bitte stellen Sie die Aktivitäten nun ein! 😅