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Chronisch entzündliche Darmerkrankung: Die Geschichte von Elli

Colitis Ulcerosa: DIE GESCHICHTE VON Elli
Name: Elli
Alter: 27
Diagnose: Colitis Ulcerosa, Februar 2020

Mein Name ist Elli und ich bin 27 Jahre alt. Colitis Ulcerosa wurde bei mir im Februar 2020 diagnostiziert. Außerdem wurde bei mir schon als Kind eine Skoliose festgestellt und therapiert.

Interview:

Wie verlief dein Weg von den ersten Symptomen bis zur Diagnosestellung?

Die ersten Symptome zeigten sich im Herbst 2019. Blähungen wurden schmerzhaft und die Stuhlmenge erhöhte sich langsam. Dabei hatte ich mir aber nichts weiter gedacht. Erst nach der Diagnose wurde mir klar, dass das die ersten Symptome waren.
Später kamen die ersten Blutbeimengungen dazu und an Weihnachten begann dann der Durchfall. Sie steigerten sich immer mehr, ebenso wie das Blut. Da nichts den Durchfall stoppen konnte, ging es dann im Januar zu meiner Hausärztin. Sie meinte, dass es durchaus etwas chronisches sein könnte und dass das abgeklärt werden muss. Erstmal wurde aber nur Blut abgenommen.
Bis zu diesem Zeitpunkt hatte ich schon 8kg abgenommen, wog nur noch 48kg. Ich hatte kaum noch Kraft und musste mich regelmäßig hinsetzen, damit mein Kreislauf nicht zusammenbrach. Mein Leben spielte sich zwischen Sofa und Toilette ab. Und selbst dieser sehr kurze Weg war manchmal viel zu lang.

Die Blutergebnisse waren nicht besonders auffällig. Also musste ich nochmal hin und noch Stuhlproben abgeben. Als diese Ergebnisse kamen, war es bereits Februar. Die Entzündungswerte im Stuhl waren sehr hoch. Deswegen machte meine Ärztin einen Ultraschall. Es zeigte sich, dass mein gesamter Dickdarm verdickt war.
Es sollte schnellstmöglich eine Darmspieglung gemacht werden. Deswegen ging es dann ins Krankenhaus, mit dem Verdacht auf Colitis und einem Eisen- und Vitamin D- Mangel.
Bis dahin hatte ich seit 6 Wochen nur blutige Durchfälle, teilweise nur noch Blut und Schleim. Am Ende waren es über 40 Toilettengänge innerhalb von 24 Stunden. Jede noch so kleine Bewegung führte dazu, dass ich auf Toilette musste. An Schlaf war kaum noch zu denken. Ich hatte meine Wohnung seit 4 Wochen nicht mehr verlassen und mir ging es einfach nur noch schlecht. Auch wenn ich allen sagte, dass es mir gut geht und sie sich keine Sorgen machen müssten.
10 Tage verbrachte ich im Krankenhaus. Es wurde eine Magen- und Darmspiegelung gemacht. Durch die genommenen Gewebeproben konnte eindeutig eine Colitis Ulcerosa diagnostiziert werden. Danach gab es endlich Medikamente, die auch bald eine Wirkung zeigten.

Wie war es dann, als du die Diagnose erfahren hast? Was hat die Diagnose bei dir ausgelöst?

Ich habe die Diagnose recht gut aufgenommen. Es ist einfach eine chronische Krankheit mehr in meinem Leben. Ich bin damit aufgewachsen eine Skoliose (Wirbelsäulenverkrümmung) zu haben. Diese wurde jahrelang therapiert und ich musste lernen mit Rückschlägen umzugehen. Deswegen kam ich mit dem Gedanken einer weiteren chronischen Krankheit gut klar.
Im Internet findet man vor allem die Geschichten mit den schweren Verläufen. OPs, künstlicher Darmausgang und solche Dinge. Das macht natürlich erstmal Angst. Obwohl die wenigstens Verläufe so schwer sind. Vielen Betroffenen helfen die Medikamente und manche schaffen es sogar ohne.

Ich bin in kein tiefes Loch gestürzt oder bin daran verzweifelt. Trotzdem war die Anfangszeit doch recht schwer. Ich fühlte mich ein wenig hilflos. Was heißt Remission, wann ist der Schub vorbei oder bleibt das jetzt so? Es gab so viele Fragen und so viel zu lernen. Außerdem kam dann noch die Corona-Pandemie dazu, gerade als ich mich im März wieder recht fit gefühlt hatte und endlich wieder „normal“ leben wollte. Es hatte auch Vorteile. Ich musste nicht in die Uni. Das war doch eine große Erleichterung. Ich konnte mich langsam darauf einstellen, wie mein Darm neuerdings arbeitet. So saß ich halt manchmal mit dem Laptop auf Toilette und verfolgte dort meine Vorlesungen.

Auch jetzt macht mich die Diagnose nicht traurig oder irgendwie anders emotional. Sie gehört zu meinem Leben dazu. Außerdem hat die Colitis mein Leben zum Positiven verändert und ich bin auch ein wenig dankbar für das Alles.

Wie hat deine Familie reagiert?

Meine Familie hat mit Mitleid und Bedauern reagiert. Keiner möchte sein Kind oder Angehörigen so chronisch krank sehen. Zum Teil war auch Naivität dabei. Dass die Krankheit vielleicht doch so einfach wieder verschwindet, wie sie gekommen ist.

Wie hat sich dein Leben seither verändert?

Natürlich hat sich mein Leben und ich mich persönlich verändert. Arzttermine gehören regelmäßig zu meinem Leben, genauso wie die Medikamente. Wenn morgens Termine anstehen, muss ich sehr viel eher aufstehen, um dann das Haus verlassen zu können. Notfallmedikamente sind immer mit dabei. Es gibt immer wieder schlechte Tage, an denen ich meine Pläne ändern muss. Mein Darm reagiert auf Stress und Nervosität. Darum gehört es auch dazu, zu wissen, wo die nächste Toilette ist. Oder, zum Beispiel beim Wandern, ein Notfallset dabei zu haben. Zeitweise kommen dann noch die Nebenwirkungen von Medikamenten dazu.

Wie bewältigst du deinen Alltag?

Mein Alltag hat sich nicht stark verändert. Das liegt aber auch zum großen Teil an Corona. Wenn das vorbei ist und der wirkliche normale Alltag zurückkommt, werde ich es vermutlich stärker merken. Im Moment bin ich aber glücklich damit. Ich habe einen recht geregelten Tagesablauf. Die Medikamente gibt es immer zur gleichen Zeit und mein Darm ist, wenn ich mich nicht im Schub befinde, morgens am aktivsten. Sonst komme ich sehr gut klar. Das sieht anderes aus, wenn ein neuer Schub kommt. Dann verbringe ich sehr viel mehr Zeit im Bad und vor allem zuhause. Diese Zeiten sind am schwersten. Vor allem psychisch, aber natürlich auch körperlich.

Wie geht es dir aktuell?

Aktuell geht es mir gut. Im Moment sind kaum Symptome vorhanden und meine Medikamente wirken. Ab und zu gibt es auch mal schlechte Tage. Aber das ist vollkommen ok, denn das gehört dazu. Mein Körper zeigt mir damit sehr gut, wenn er eine Pause braucht.

Wie therapierst Du zur Zeit?

Nach der Entlassung hat es noch ungefähr einen Monat gedauert, bis ich wieder einigermaßen fit war. Ich konnte das Kortison recht schnell absetzen und musste nur noch einen lokalen Entzündungshemmer nehmen. Mein Darm hatte sich wieder beruhigt und ich machte weiter, wie vor der Erkrankung. Ich versuchte, dass was ich in der Uni verpasst hatte, nachzuholen. Damit und mit noch ein paar persönlichen Gründen führte das gleich in einen neuen Schub. Ich schaffte es noch meine Prüfungsphase an der Uni zu überstehen und dann war es vorbei. Das Medikament versagte und das hieß, dass es wieder Kortison gab. Außerdem bekam ich dann ab September 2020 mein erstes Immunsuppressiva. Die Wirkung trat erst 4 Monate später ein und ich konnte im Februar 21 das Kortison absetzen. Allerdings ließ die Wirkung leider sehr schnell wieder nach. Darum gab es ab April wieder Kortison und ab Juni gab es ein neues Immunsuppressiva. Außerdem gibt es zurzeit noch zwei lokal wirkende, entzündungshemmende Medikamente.

Was hilft dir, deine Colitis gut in den Griff zu bekommen?

Der Austausch mit anderen Betroffenen ist sehr hilfreich. Dadurch fühle ich mich weniger allein. Außerdem mein Instagram-Profil (@bauch.monsterchen). Dort gibt es außerdem eine so wundervolle CED-Community.
Sport und Wandern sind für meine Psyche sehr gut. Das hilft mir meine Gedanken zu sortieren und mit meinen Gefühlen umzugehen. Außerdem merke ich dabei meine eigene, wieder vorhandene Kraft und das ist ein sehr schönes Gefühl.
Außerdem informiere ich mich über die Krankheit und versuche immer mehr dazu zu lernen. Ich versuche Stress zu vermeiden bzw. mich weniger stressen zu lassen. Das geht natürlich nicht komplett, aber auch ein anderer Umgang damit ist schon sehr hilfreich.

Durch die Krankheit lerne ich auch neue Dinge über mich selbst. Ich bin stärker als ich dachte und ich kann einiges aushalten. Ich habe gelernt, dass Auszeiten wichtig sind und dass meine Gesundheit wichtig ist und an erster Stelle steht. Das ich nein sagen kann. Im Allgemeinen bin ich dadurch etwas erwachsener geworden.

Was ist dein Wunsch in Bezug auf Deine Erkrankung?

Mein Wunsch… Vermutlich wie der von Vielen anderen auch, dass es irgendwann eine Heilungsmöglichkeit gibt.
Manchmal wünsche ich mir auch ein besseres Verständnis für chronisch Kranke, im privaten wie im öffentlichen Leben. Und die Menschen begreifen, wie wichtig Gesundheit ist, dass krank sein keine Schwäche ist und auch kein Tabuthema.
Außerdem würde ich mir wünschen, den ein oder anderen „gut“ gemeinten Ratschlag weniger zu hören. Und weniger Menschen, die einem erzählen wollen, dass es Heilung gibt, dass man doch selbst schuld sei oder dass Yoga & Tee helfen. Aufklärungsarbeit ist hier sehr wichtig, gerade bei den unsichtbaren Krankheiten wie Colitis oder Crohn.

Schlusswort:

Fazit, Rat an Betroffene, Motto etc.

Eine chronische Krankheit führt zwangsläufig zu Veränderungen und es gibt immer wieder schlechte Tage. Aber das ist ok und nicht das Ende. Ihr könnt trotzdem ein sehr schönes Leben haben, auch wenn es anders verläuft, als ihr es geplant habt. Holt euch Hilfe, wenn ihr sie braucht. Achtet auf euch und geht gut mich euch selbst um.
Ich habe in der Zeit seit der Erkrankung einiges lernen dürfen. Nicht immer auf die leichte Tour, aber ich bin dankbar dafür.
Genießt die kleinen Momente und seid so oft glücklich wie es geht. Ihr seid stark und vor allem seid ihr nicht allein. Findet euren Weg, lasst euch nicht verunsichern und versucht positiv zu bleiben.