Die Geschichte von Jazz

  • Name: Jazz
  • Alter: 38
  • Diagnose:Colitis ulcerosa
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Wie verlief dein Weg von den ersten Symptomen bis zur Colitis ulcerosa-Diagnosestellung?

Vielen Dank erstmal für die Möglichkeit meine CED-Geschichte erzählen zu dürfen, dass bedeutet mir viel.

Leider war damals der Anfang meiner Diagnose Colitis ulcerosa für mich lebensbedrohlich. Ich war 16, hatte gerade meinen Abschluss gemacht und nahm immer mehr ab. Noch freute ich mich in Hosengröße 34 zu passen, doch dann begannen die täglichen Blut-Durchfälle und es machte mir mit 16 eine riesige Angst. Da meine Eltern mitten in ihrer Scheidung steckten, konnte ich mich sehr lange nicht meinen Eltern anvertrauen. Mir war es sehr peinlich, dass ich so viel Blut aus dem Darm verlor und hatte das Gefühl „nicht normal zu sein.“ Als ich nach 3 Wochen Darmblutungen doch meine Mutter einweihte und mit ihr zum Arzt ging, wurde mir direkt Blut abgenommen. Ein paar Tage später schaute sich der Arzt mit uns die Blutwerte an und wurde dabei kreidebleich. Ich werde nie wieder seine Worte vergessen: „Sie müssen sofort mit ihrem Kind in die Notaufnahme, sie hat kaum mehr Blut in sich und kann in wenigen Stunden einfach umfallen und sterben!“ Bis heute bekomme ich Gänsehaut von dem Satz.

Wenn du dich an den Moment der Diagnose erinnerst, war dir bewußt, was die Diagnose für dich und deine Lieben bedeutet?

Mir und meiner Familie war es absolut nicht bewusst. Mit 16 möchte man sich doch eigentlich gerne verlieben und Partys mit seinen Freunden machen. Stattdessen stand mein Leben auf dem Kopf. Die Eltern mitten im Scheidungskrieg und ich mit einer Diagnose, die für uns damals unbekannt war und weshalb ich zwei Wochen im Krankenhaus lag. Ich hatte damals wirklich Angst und verstand die Welt nicht mehr. Zum Glück waren dort sehr kompetente und liebevolle Ärzte, die schnell die Diagnose Colitis ulcerosa hatten und mir helfen konnten. Noch heute machen sich meine Lieblingsmenschen direkt mehr Sorgen, wenn ich gesundheitlich etwas habe und fühlen sich hilflos.

Was waren bis jetzt deine größten Herausforderungen mit Colitis ulcerosa?

Ich denke, dass war während der Pandemie, als ich meinen längsten Schub mit der CU hatte. Über drei Jahre Schub und zusätzlich Burnout diagnostiziert bekommen, es war wie in einem Teufelskreis. Mental und körperlich ging es mir sehr schlecht und ich hab mich in der Zeit echt selbst verloren. Wäre nicht mein Gastroenterologe mit seinen mutmachenden Worten und Taten und dann die spezielle Reha-Klinik für meine Alltagsbewältigung gewesen, wüsste ich nicht, wo ich heute, 2024, stehen würde.
Nun habe ich gelernt, mit mir und meiner Erkrankung besser im Einklang zu leben und direkt gegenzusteuern, wenn ich aus der Balance komme. Kurz gesagt, habe ich mir nach der Reha direkt therapeutische Hilfe geholt, mich wieder regelmäßiger im Fitnessstudio blicken lassen und mich mit ganzheitlicher Lebensweise und gesunder Ernährung auseinander gesetzt.

Hat die Diagnose dein Leben und seinen Weg verändert?

Oh absolut, die Colitis hat mich extrem geprägt, positiv wie negativ. Ich werde praktisch immer wieder von meiner CU erinnert, dass ich auf mich körperlich, wie mental aufpassen muss. Schaffe ich nicht von selbst in Balance zu bleiben, bekomme ich wieder einen Schub. Es mag bei jedem anders verlaufen, aber sobald ich wieder meine Mitte gefunden habe und auf mich achte im Alltag, beruhigt sich auch meine CU. Ich versuche auch toxischen Menschen aus dem Weg zu gehen und mich selbst durch Persönlichkeitsentwicklung besser zu verstehen und stressfrei zu leben.

Wie hast du deinen Alltag an die CU angepasst?

Ich habe speziell durch die Reha gelernt, was ich im Alltag machen kann, dass es mir und meinem Darm besser geht. Ich habe Routinen, morgens wie abends, um weniger gestresst zu sein und kann es jedem nur empfehlen. Ich nehme mir am Tag kleine Auszeiten für mich selbst und mache etwas, was mir gut tut, z.B lesen oder zeichnen. Außerdem mache ich Sport, nehme Nahrungsergänzungsmittel, vor allem Probiotika, Kurkuma und Aloe Vera und versuche mich gesünder zu ernähren. Gerade die Wirkstoffe von Aloe Vera (Barbadensis Miller) sind unterschätzte Helferchen für Darm und Immunsystem.

Was sind die stärksten Trigger für deine Colitis ulcerosa?

Bei mir ist es ganz klar die mentale Dysbalance und wenn ich mich zusätzlich körperlich gehen lasse (kein Sport, FastFood). Ich weiß, es wird immer gesagt, die CU sei keine psychische Erkrankung, aber ich finde nur man selbst als Betroffener kann darüber berichten, was seine Auslöser sind. Und bei mir hängt emotionaler Stress ganz fest mit meinem Darm und somit mit meiner Colitis ulcerosa zusammen.

Unter @skinlove_by_jazzvandeer informierst du als Online-Kosmetikerin über die ganzheitliche Hautgesundheit und die innerer Balance. Der Darm und die Ernährung sind wichtig für die Haut und den Körper. Was sind deine Ernährungs-Highlights, um deine Colitits ulcerosa-Haut und -Körper zu stärken?

Auch hier bin ich kein Freund, dass zu verallgemeinern, denn jeder Körper verwertet anders. Es wird z.B. generell angenommen, dass eine ballaststoffreiche Ernährung das non plus ultra bei Darmerkrankungen ist und das würde ich so nicht unterschreiben. Wenn wir uns die ballaststoffreiche Ernährung mal genauer anschauen, heißt es ja, dass der Darm länger braucht um dies zu verwerten, weshalb ein längeres Sättigkeitgefühl bestehen und dadurch weniger Nahrung zum verwerten nachrutschen soll. Hierbei habe ich persönlich eine andere Erfahrung gemacht, denn grundsätzlich möchte ich meinen Darm doch entlasten und nicht stundenlang beschäftigen. Das heißt, ein Mix aus ballaststoffreicher und ballaststoffarmer Ernährung ist meine Ernährungsphilosophie, mit der ich gut lebe. Das heißt z.B. ich vertrage Weißbrot viel besser, als ein Roggenvollkornbrot, das heißt aber auch, es gibt morgens manchmal ein Haferflockenmüsli und zum Abendessen z.B. ein Beilagensalat dazu. Wichtig ist immer, was dir und deinem eigenen Körper gut tun und nicht, was irgendwelche Wissenschaftler und Studien sagen.

Bei deiner Online-Arbeit geht es aber zu gleichen Teilen auch um die innere Balance. Wie stark kann dich deine Autoimmerkrankung aus der geistigen Balance bringen und mit welchen Mitteln findest du wieder zu dir und deiner Mitte?

Diese Frage habe ich oben schon beantwortet. Kurz zusammengefasst: Ich habe verstanden, dass ich länger schubfrei bin, wenn ich mental und körperlich in Balance stehe. Demnach versuche ich täglich stressfrei durch Routinen und früherem aufstehen meinen Alltag zu bewältigen und abends auch früher ins Bett zu gehen und statt Handy scrollen, ein Buch zu lesen, zu zeichnen oder etwas anderes schönes zu machen um mich zu entspannen. Außerdem hilft mir Bewegung für Körper und Geist und eine ausgewogene, gesunde Ernährung mit zusätzlichen Supplements.

Wie kann man sich deinen Job generell vorstellen? Und gehst du als Online-Kosmetikerin auch speziell auf Autoimmunkerkrankte ein? Wenn ja, was für speziellere Bedürfnisse haben Betroffene in der Regel?

Ich mache grundsätzlich eine ausführlichere und detaillierte Beratung zum Thema ganzheitliche Hautgesundheit als in einem Kosmetikstudio möglich wäre. Ich habe die höchste Ausbildung im Kosmetikbereich und jahrelange, berufliche Erfahrung in Kosmetikstudios. Der Unterschied online zu arbeiten ist, dass ich nicht zeitlich oder örtlich gebunden bin und mein Geld nicht über Behandlungen verdiene. So kann ich mich ganz individuell und ganzheitlich auf mein Gegenüber einlassen und mit ihm oder ihr gemeinsam ein Konzept entwickeln, bei dem ich auch auf individuelle Hürden eingehe. Ich denke, aufgrund meiner eigenen 20-jährigen Erfahrung als chronisch Darmerkrankte mit sichtbaren Hautproblemen, bin ich für andere Betroffene in Sachen Hautgesundheit und innere Balance ein wichtiger Ansprechpartner. Speziellere Bedürfnisse kann ich hier nicht nennen, da jeder Krankheitsverlauf und jeder Mensch anders ist. Aber für jeden Mensch gibt es Lösungsansätze für ein besseres leben.

Wie weit ist deine Colitis ulcerosa fortgeschritten und was glaubst du, wird noch auf dich zukommen?

Ich darf mir seit Jahren von Ärzten anhören, dass ich „nur“ einen leicht-bis mittelschweren Krankheitsverlauf habe, was meine Erkrankung für mich persönlich aber nicht besser macht. Natürlich bin ich dankbar, noch meinen vollständigen Darm zu haben und auf natürliche Weise zur Toilette gehen zu können. Aber Erkrankungen kann man nicht vergleichen, meiner Meinung nach. Krankheiten sind für den Betroffenen immer eine Lebenseinschränkung und mentale Hürde. Auch ein leider beliebter Satz von Außen, den ich mir oft anhören muss in Bezug auf meine Colitis ulcerosa: „Sei froh, dass du kein Morbus Crohn hast!, da wärst du schlimmer dran!“ Das ist absolut nicht gesagt, da jede Erkrankung und gerade die bekanntesten Darmerkrankungen so unterschiedlich verlaufen. Daher hoffe ich einfach für mich, dass ich es schaffe durch meine neue, ganzheitliche Lebensweise den nächsten Schub hinaus zu zögern und so gesund, wie es als chronisch-erkrankter Mensch möglich ist, zu leben.

Wie geht es dir und deinem Darm aktuell? Wie wirst du behandelt?

Seitdem ich aus der speziellen Reha für chronisch Darmerkrankte angefangen habe, ganzheitlich zu leben und eng mit meinem Gastroenterologen zusammenzuarbeiten, hat sich meine Darmentzündung beruhigt. Ich bin nun seit über einem Jahr wieder schubfrei und nehme dennoch weiterhin 1x täglich eine Cortiment-Tablette, den Budenofalk Rektalschaum und das Pentasa X Granulat zur Unterstützung. Alle Medikamente vertrage ich sehr gut und habe auch keine Nebenwirkungen. Ich lebe derzeit sehr gut mit meiner CU.

Was sind deine Therapie- und Behandlungserfahrungen?

Erstens: Vertraue nicht alleine auf die Schulmedizin und Medikamente, sondern auch in die Heilungskraft des eigenen Körpers. Es braucht eigene Aktivität, um so lang wie möglich schubfrei zu leben. Dein Körper sagt dir alles, du musst nur lernen, zuzuhören und nicht die ganze Verantwortung deines eigenen Körpers in die Hände der Ärzte zu legen. Zweitens: Suche dir therapeutische Hilfe und vernetze dich mit betreuten Selbsthilfegruppen. Ich habe fast 20 Jahre keinen Austausch mit anderen Betroffenen gehabt oder meine Diagnose durch Therapiearbeit professionell verarbeitet. Erst seit der Reha-Zeit habe ich den Austausch und es macht mich traurig, mich so lange alleine und unverstanden gefühlt zu haben. Dieses neue Lebensgefühl hätte ich schon so viel früher haben können.

Was wünscht du dir in Bezug auf deine Darmerkrankung?

Dass ich durch die Verhaltenstherapie, die ich seit einem Jahr mache, meine inneren Baustellen und Verhaltensmuster aufarbeiten kann, um emotional stabiler und körperlich gesünder mit meiner Colitis ulcerosa leben zu können. Ich möchte vor allem offener mit meiner Erkrankung umgehen und mich mehr mit anderen Betroffenen connecten.

Dein Schlusswort:

Verlasse dich nicht nur auf die Schulmedizin, sondern setze dich mit deinem eigenen Körper auseinander: Wie funktioniert er? Was braucht er? Was verträgt er und was verträgt er nicht? Welche Mineralien und Vitamine fehlen ihm oder sind vielleicht zu viel? Wie ist dein Hormonhaushalt aufgestellt? Wie gestresst bist du im Alltag? All das, sind Fragen, die wir uns stellen dürfen, um unserem Körper und somit auch unserem erkrankten Darm zu helfen. Über all das, werde ich in Zukunft auf meinem Account skinlove_by-jazzvandeer mehr eingehen. Wer bereits jetzt schon mehr über meine Reise zu einem besseren Leben erfahren möchte, kann in meinem offiziellen Workbook „Hautgefühl – Mit Ganzheitlichkeit zu mehr Selbstliebe und Wohlfühl-Haut“ nachlesen und begibt sich parallel durch Reflexionsfragen auf die eigene Lebensreise. Link dazu in meiner Bio auf meinem Instagram-Account. Ich freue mich über zukünftigen Austausch mit ganz vielen, lieben Menschen aus der Community. Alles Liebe, Jazz.