Die Geschichte von ricky

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Wie verlief dein Weg von den ersten Symptomen bis zur Diagnosestellung?

Ich hatte anfänglich etwas verschwommen gesehen auf meinem rechten Auge und dachte, es wäre aufgrund einer Allergie. Es sich sich heraus, dass ich eine Sehnerventzündung hatte. Nach dem MRT und der Lumbalpunktion stand fest: ich habe MS.

Erinnerst du dich an den Moment, an dem du deine MS-Diagnose erhalten hast?

Klar kann ich mich an den Moment erinnern, an dem mir der Neurologe gesagt hat, dass ich MS habe. Ganz ehrlich, es war gar nicht so relevant. Ich hatte nach der Cortisontherapie keine Probleme mehr mit dem Sehen gehabt. Und deshalb habe ich mich gesund gefühlt und die Diagnose MS gar nicht richtig ernst genommen. Ich bin gelernter Krankenpfleger und wusste schon, was eine MS mit sich ziehen kann. Aber da ich nicht eingeschränkt war und keine großen Symptome hatte, war ich anfangs recht sorglos. Mir gings ja gut.

Wie weit ist deine MS bereits fortgeschritten?

Mittlerweile hab ich bereits seit 12 Jahren MS. Laut meinen Neurologen habe ich inzwischen eine sekundär chronisch progridiente MS. Meine Beine sind am meisten betroffen. Ich habe Spastiken in den Beinen, Muskelschwäche bis hin zu zeitweisen Lähmungserscheinungen. Ich sitze schon viel im Rollstuhl, kann aber ich guten Momenten mit Hilfsmitteln ein paar Schritte laufen. Außerdem habe ich eine überaktive Blase.

Dein Instagram-Kanal heißt @my_story_cant_stop_me und das ist offensichtlich Programm! Du bist ja wohl ein super Dad, der mit den Kids und seiner Frau viel unterwegs ist und sich für unglaublich viele Dinge begeistern kann. Wie schaffst du es, trotz der MS so viel emotionale und körperliche Kraft zu haben?

Danke erstmal fürs Kompliment. Ich bin total gerne Papa und ich ziehe viel Kraft aus der gemeinsamen Zeit mit meinen Kindern und meiner Frau. Ich liebe die Vielfalt im Leben und Neues zu entdecken. Außerdem gibt mir mein Glaube an Gott sehr viel Kraft für den Alltag. Ihm kann ich meine Sorgen und Ängste anvertrauen und Er gibt mir seinen Frieden und die Kraft, weiter zu machen.

Vor kurzem wurde dir ein Fahrzeugumbau bewilligt. Was bedeutet das Auto für dich und deine Familie?

Hey unser umgebautes Auto ist gigantisch! Wirklich so genial! Wir sind viel unterwegs und da ist es einfach ein Freiheitsgefühl, selbst in der Lage zu sein, dorthin zu fahren, wo ich möchte. Auch im Alltag ist es eine Bereicherung selbst imstande zu sein, Auto zu fahren! Ganz praktisch heißt es, dass ich meine Kinder in die Schule fahren kann und anschließend selbst in die Arbeit weiterfahre – ich bin von niemanden abhängig :-)

Hast du ein paar Tipps, was den Antrag des Autoumbaus angeht?

Ich habe dazu einen Bericht geschrieben, der auf meinem Instagram-Kanal zu finden ist. Es ist definitiv ein Aufwand und es braucht seine Zeit. Doch es gibt Möglichkeiten zur Unterstützung und auch finanziellen Zuschuss. Wenn jemand konkrete Fragen hat, kann er mich auch gerne auf Insta anschreiben.

Du bist mit deiner Familie in den Südschwarzwald gezogen. Mit anderen Menschen lebt ihr jetzt auf einem selbst ausgebauten Bauernhof, der Wohnort für euch, aber auch Ruheort für Urlauber und Umsetzungsstätte für Kreative sein soll. Das klingt wahnsinnig romantisch: Leben auf dem Bauernhof mitten in der wunderschönen Natur. Was gab es für dich als MS-Betroffenen und Rollifahrer bei der Planung und Umsetzung der neuen Wohnung besonders zu beachten?

Ja das stimmt wir sind im Sommer 2023 umgezogen.

Klar für mich ist es wichtig gewesen, dass die Wohnung, in die wir ziehen, komplett barrierefrei ist. Im Vorfeld bin ich mit meinem Handbike die Wege um den Hof abgefahren, um zu schauen, dass ich überall selbständig hinkomme. Die gängisten Wege kann ich selbständig mit meinem Handbike befahren. Außerdem war für mich super wichtig, ärztlicherseits gut angebunden zu sein.  Und zum Glück ich habe eine tolle Neurologin in näherer Umgebung. Außerdem bin ich an die MS Ambulanz in der Uniklinik in Freiburg angebunden. Und ich bin bei einer guten Physiopraxis, wo ich wöchentlich am schwitzen bin.

Ist der gesamte Hof rollstuhlgerecht ausgebaut?

Wir sind noch im Prozess aber das ist der Plan, dass ich überall mit dem Rolli hinkomme :-)

Was war bei dem Projekt bis jetzt dein stärkstes Learning?

Gute Frage! Für mich war es einmal, sich selber neu kennenzulernen. Durch die vielen Veränderungen lernt man natürlich viele neue Leute kennen, aber man erfährt auch sich selber neu. Wie reagiert man in bestimmten Situationen? Was ist einem wichtig? Mit welchen Menschen möchte ich mich umgeben? Usw. Wenn man umzieht und sich alles ändert, hat man viele neue Entscheidungen zu treffen. Hierzu habe ich bei mir versucht, meine Motivation zu hinterfragen. Dabei hab ich mich selbst nochmal ziemlich gut neu kennengelernt.

Was hat dir im Vorfeld am meisten Angst gemacht? Hat sich diese Angst aufgelöst oder ist sie vielleicht größer geworden?

Das war einmal, wie es für meine Kinder wohl sein würde, ihr gewohntes Umfeld Freunde, Kindergarten und Schule zu verlieren und wie Sie hier vor Ort mit allem neuem zurechtkommen würde. Gott sei Dank sind meine Kinder gut in ihrer neuen Schule und Kindergarten angekommen und fühlen sich wohl in ihrer neuen Umgebung.

Außerdem war der Umbau vom Hof damals beim Umzug noch nicht zu 100 Prozent in trockenen Tüchern gewesen. Da war schon immer wieder mal die Frage, ob das auch alles so klappen wird. Aber das hat sich geklärt: Der Umbau des Bauernhofs ist genehmigt worden und mittlerweile steht schon der Rohbau.

Und dann ist da ständig die Ungewissheit wie die MS mitmacht…kommt eine Verschlechterung? Ist der ganze Trubel vom Umzug belastend oder eher pushend?

Wie bist du darauf gekommen, den „Exopulse Mollii Suit“ auszuprobieren? Wie lief es und kannst du ihn empfehlen?

Mich hat damals 2022 ein Follower auf Instagram angeschrieben und gefragt, ob ich bereits Erfahrung mit dem Suit gemacht hatte. Ich hatte aber nix von dem Suit gewusst und habe mich dann belesen und zeitnah einen Probevormittag beim Sanitätshaus vereinbart.

Der Anzug hat knapp 50 Elektroden, mit der individuell angepasst, bestimmte Muskeln stimuliert werden können. Das führt dazu, dass diese besser durchblutet werden und der erhöhte Muskeltonus (Spastik) reduziert wird. Der Anzug soll alle 1-2 Tage für 60min angezogen werden. Nach der Stimulierung kann der Anwender einen Benifit für bis zu 48h haben.

Ich würde jedem, der MS hat und mit Symptomen kämpft, wie Spastiken und Schmerzen, empfehlen, den Anzug auszuprobieren. Es gibt viele Sanitätshäuser, die einen Testtag mit dem Anzug anbieten. Einfach mal informieren und ausprobieren.

Welche kleinen hilfreichen Tipps aus deinem Multiple Sklerose-Alltag kannst du unseren NIK e.V.-Leser*innen geben? Was unterstützt dich persönlich richtig gut, um durch den Tag zu kommen?

Möglichst aktiv zu sein (je nach Einschränkungen) mit viel Bewegung – vor allem an der frischen Luft. Auf die Ernährung achten, Ruhezeiten einhalten und wenn möglich, negativen Stress vermeiden. Locker bleiben….hat ma mal einen schlechten Tag, dann ist es so…bessere kommen wieder :-)

Hört sich ein bisschen null acht fünfzehn an, ist aber wichtig, um gut mit MS durchs Leben zu kommen.

Hast du No-Gos, die Betroffene unterlassen sollten, weil es mehr schadet als nützt?

Negativen Stress zu vermeiden! Klar die Krankeheit ist schlimm und ja es ist gut, sich mit der Krankheit auseinander zu setzen. Aber du bist mehr als nur die MS. Mach dich nicht verrückt was die MS alles macht oder was Leute sagen. Leb dein leben!

Wie geht es dir aktuell? Therapierst du gerade und nimmst Medikament? Welche Erfahrungen hast du bereits mit deiner/n Therapie/n gemacht? Kannst du begleitenden Therapien, die du neben der regulären Behandlungen gemacht hast, empfehlen oder auch abraten?

Bis Anfang des Jahres hatte ich halbjährlich eine immunmodulierende Infusionstherapie bekommen. Habe mich in Absprache mit meinen Neurologen dazu entschieden, davon eine Pause zu machen. Ich hatte einfach im letzten Jahr zu viel mit Infekten zu kämpfen, dass ich erstmal meinem Immunsystem eine Möglichkeit geben möchte, sich wieder zu erholen. Mal schauen was die MS dazu sagt.

Ja klar begleitenden Therapien finde ich wichtig. Regelmäßige Physiotherapie ist super wichtig. Immer wieder an seinem Körper mit professioneller Hilfe zu arbeiten, ist super wichtig. Wenn möglich würde ich jedem empfehlen, eine neurologische Rehabilitation zu machen. Mit der Diagnose MS geht das meistens auch alle zwei Jahre.

Generell würde ich jedem, der von MS betroffen ist, empfehlen, sich mit der Krankheit auseinanderzusetzen, Bücher dazu zu lesen und auch verschiedene Neurologen aufzusuchen. Es gibt wirklich viele Möglichkeiten MS zu behandeln.

Was wünscht du dir in Bezug auf deine Multiple Sklerose?

Ich wünsche mir natürlich Gesundheit und meine volle Mobilität zurück. Es wäre aber schonmal ein Anfang, wenn die Progression meiner MS aufhören würde und ich den aktuellen Stand für etliche Jahre beibehalten könnte.

Dein Schlusswort:

Versuche dein Leben so zu leben als wärst du gesund. Lass dich von der Schwere der Krankheit und den Symptomen nicht unterkriegen!