Name: Laura Grube
Alter: 29
Diagnose: Neurodermitis (1995), chronisch induzierbare Utikaria (2016)
Instagram: @kratzen_bis_es_blutet
Interview II – Folgegeschichte:
Du hast uns deine Neurodermitis-Geschichte im Frühling 2021 erzählt. Seit dieser Zeit ist viel passiert: Du bist verlobt, sanierst ein Haus, nimmst seit über 2 Jahren das Neurodermitismedikament Nemolizumab und warst damit sogar im Fernsehen zu Gast. Erzähl uns, liebe Laura, wie hat sich deine Haut seit 2021 verändert und wie geht es dir heute?
Ja, in den letzten drei Jahren ist wirklich viel passiert. Ich habe in den letzten Jahren viele schöne Momente erleben dürfen. Und dank des Medikaments musste ich nicht mehr an meine Haut denken. Seit Dezember 2020 bekomme ich Nemolizumab. Dadurch habe ich keinen Juckreiz mehr und mein Alltag ist viel einfacher.
Wie viel Anteil hat Nemolizumab an deinem aktuellen Hautbild?
Nach den ersten Nemolizumab-Injektionen ließ der Juckreiz schnell nach und verschwand schließlich ganz. Auch die Ekzeme sind in den letzten Jahren kleiner geworden und treten seltener auf. Wenn ein Ekzem auftritt, reicht eine Basiscreme zur Behandlung aus.
Wie funktioniert Nemolizumab generell und welchen Unterschied zu vorherigen Therapien stellst du an dir selbst fest?
Ich bekomme alle vier Wochen eine Spritze in den Bauch. Bis 2020 gab es nicht viele Möglichkeiten bei einer mittelschweren bis schweren Form der Neurodermitis. Bei anderen Medikamenten war die Wirkung nicht ausreichend oder ich hatte mit Nebenwirkungen zu kämpfen. Bei Nemolizumab spüre ich bis heute keine Nebenwirkungen. Da das Medikament aber noch in der Studienphase ist, kann man noch nicht sagen, ob es Langzeitfolgen geben könnte.
Deine Seele war 2021 durch deine Hautstellen ganz schön angegriffen. Du hast erzählt, wie du weinen musst, wenn du dein Gesicht im Spiegel betrachtet hast und dass du lernen möchtest, die Neurodermitis zu akzeptieren. Wie sieht es heute aus mit der Akzeptanz der Krankheit und der Stabilität deiner Seele?
Heute fällt es mir leichter, die Krankheit zu akzeptieren. Aber ich schaffe es noch nicht hundertprozentig. Das Medikament nimmt mir zwar den Juckreiz, aber wenn das Ekzem stärker ist als sonst, macht mich das manchmal noch traurig. Die Angst ist immer noch da, dass, wenn ich das Medikament irgendwann nicht mehr bekomme, es mir dann wieder schlechter geht und ich meinen Alltag und meinen Beruf nicht mehr ausüben kann Ich habe mich Anfang 2024 auf die Suche nach einer psychologischen Behandlung gemacht.
Es hat lange gedauert, bis ich einen Platz bekommen habe. Seit dem Sommer bin ich in ambulanter psychologischer Behandlung, um Akzeptanz zu lernen und meine Ängste zu überwinden.
Sehen typische Neurodermitis-Tage heute anders aus als zu unserem ersten Interview?
Oh ja, das ist es. Die Tage sind leichter geworden, weil die Nächte erholsamer sind. Früher habe ich keine 4 Stunden am Stück geschlafen, dadurch konnte ich mich tagsüber schlechter konzentrieren und war schneller erschöpft. Viele Aktivitäten waren wegen des Ekzems nicht möglich oder nur schwer möglich und ich musste die ganze Zeit an die Haut und den Juckreiz denken. Früher musste ich mich oft krankschreiben lassen, aber auch das gehört der Vergangenheit an. Ich liebe meine Arbeit als MTRA und es macht Spaß, mit Menschen zu arbeiten. Und ein weiterer toller Vorteil durch das Medikament ist, dass ich mich jetzt weniger eincremen muss, das schont meinen Geldbeutel.
Haben sich deine Hoffnungen, die du 2021 hattest bis heute erfüllt?
Vor der Einnahme des Medikaments habe ich mir gewünscht, wieder ein normales Leben führen zu können. Und dieser Wunsch ist in Erfüllung gegangen. Jetzt wünsche ich mir, dass das Medikament nächstes Jahr auf den Markt kommt. Meine Studie läuft noch bis März 2025. Wenn das Medikament bis dahin nicht auf dem Markt ist, muss ich mir eine andere Lösung suchen, und das wäre sehr schade.
Welche besonderen Herausforderungen gab es, die dir und deiner Haut das Leben in den letzten Jahren besonders schwer gemacht haben? Wie bist du damit umgegangen?
Ich weiß, dass meine Haut durch negativen, aber auch positiven Stress stark beansprucht wird. Wenn mein Alltag mit zu vielen Terminen angefüllt ist, verschlechtert sich meine Haut.
Stress ist für mich nach wie vor ein großes Thema, mit dem ich mich jeden Tag beschäftige.
Das wird auch in der psychologischen Behandlung angesprochen.
Welche Entscheidungen hast du in den letzten Jahren für dich und deine Haut getroffen, die sich besser als erwartet ausgewirkt hat? Welche Entscheidung ist so richtig in die Hose gegangen?
Ich habe viele verschiedene Behandlungen ausprobiert, um meine Neurodermitis in den Griff zu bekommen. Angefangen mit einer Ernährungsumstellung, über Naturheilmittel, aber auch der Hautarzt hat mir Mittel verschrieben, die nicht geholfen haben. Ich bin froh, dass ich alle Möglichkeiten einmal ausprobiert habe, aber der größte Fehler war, dass ich zu lange bei einem Hautarzt geblieben bin, bei dem ich von Anfang an gemerkt habe, dass er mir nicht helfen will und keine Lust auf mich hat.
Ich bin froh, denn nachdem ich die Praxis gewechselt habe, wurde mir geholfen.
2021 warst du recht frisch mit deinem Instagram-Kanal online. Seither hast du fleißig Aufklärung für Neurodermitis auf @kratzen_bis_es_blutet und in anderen Medien geleistet und gezeigt, wie Ekzeme, Schmerzen, trockene und geschwollene Augen zu schlechtem Schlaf führen und viel Zeit für Hautpflege bedeuten. Auf der anderen Seite erzählst du auch, wie du trotz all dieser Dinge von deinem Freund, deiner Familie und deinen Freunden geliebt wirst, wie glücklich du und deine Haut im Urlaub sind, dass neue Medikamente Hoffnung geben und wie schön die Zukunft aussehen kann – trotz Neurodermitis. Wie sehr hast du dich persönlich durch deine Aufklärungsarbeit und den kontinuierlichen Kontakt zur anderen Betroffenen verändert?
Ich gehe heute selbstbewusster mit der Krankheit um und bin dankbar, dass ich über diese Erkrankung aufgeklärt werde. Die Krankheit ist nicht schön, aber mit ihr leben zu lernen macht es leichter. Es ist schön zu sehen, wie andere Betroffene ihren Weg mit der Krankheit gehen und ihre persönliche Lösung finden.
Haben sich dein Content und deine Botschaften in den letzten Jahren verändert?
Nein, es hat sich nichts geändert. Nur auf Instagram ist es ruhiger geworden. Das liegt daran, dass ich es sehr genieße, nicht immer an die Haut denken zu müssen.
Wenn ich eine gute Idee für einen Beitrag habe, dann soll er den Menschen weiterhelfen und eine gute und wichtige Information enthalten.
Was sind deine wichtigsten Learnings, die du aus deinem Leben mit Neurodermitis bis jetzt mitgenommen hast?
Je mehr ich über diese Krankheit gelernt habe, desto leichter wurde es mit ihr umzugehen, ich bin in den letzten Jahren mein eigener Experte geworden. Das Wichtigste, was ich gelernt habe, ist, dass wenn man sich genau überlegt, was das Ziel einer Behandlung sein soll, es einfacher ist, eine Lösung und einen Weg zu finden. Und da Dermatologen nicht viel Zeit haben, sollte man sich vor jedem Arztgespräch genau aufschreiben, welche Fragen man hat. Und wenn man nicht für jede Frage Zeit hat, dann stellt man die drei wichtigsten. Die anderen Fragen stellt man dann beim nächsten Arztbesuch.
Was wünscht du dir in Bezug auf die Krankheit?
Ich würde mir wünschen, dass die Mitmenschen, die nicht unter der Krankheit leiden, etwas mehr Verständnis aufbringen, denn die Krankheit ist nicht nur gerötete Haut, es ist viel mehr. Und es ist in Ordnung sich wegen Neurodermitis krank zu melden. Und wenn man eine Idee hat, was dem Betroffenen helfen könnte. Dann würde ich mir wünschen, dass man zuerst den Betroffenen fragt, bevor man einen gut gemeinten Rat gibt. Die betroffene Person lebt jeden Tag mit der Krankheit und hat schon viel ausprobiert. Es ist anstrengend, sich rechtfertigen zu müssen, warum man einen Ratschlag nicht ausprobieren möchte.
Schlusswort:
Ich wünsche euch, dass jeder seinen ganz persönlichen Weg findet, mit Neurodermitis umzugehen.[Textumbruch]Es ist nicht leicht, das richtige Medikament oder die richtige Salbe zu finden.
Und ein Produkt, das bei einem Betroffenen geholfen hat, muss nicht unbedingt bei einem anderen helfen