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Neurodermitis: Die Geschichte von Clara

Mut-Mach-Geschichte von Clara - Neurodermitis

Einleitung:
Name: Clara Draskoczy
Alter: 23
Diagnose: Ich habe die Diagnose erhalten, als ich circa 3 Jahre alt war. Als ich in die Pubertät kam, ist meine Neurodermitis komplett verschwunden. Dann kam sie vor ungefähr vier Jahren wieder – noch viel stärker als damals.

 

Interview:

Wie verlief dein Weg von den ersten Symptomen bis zur Diagnosestellung?

Schon als Baby haben erste Anzeichen auf meine spätere Neurodermitis hingedeutet. Als ich circa 3 Jahre alt war, habe ich die ersten Rötungen in Armbeugen und Kniekehlen bekommen. Wir sind dann zu meinem Kinderarzt gegangen, dieser hat die Diagnose gestellt.

Als ich mit 20 Jahren erneut Neurodermitis bekommen habe, wusste ich natürlich schon, was es ist. Angefangen hat meine Neurodermitis im Erwachsenenalter mit roten Stellen in den Armbeugen, am Hals und im Gesicht. Meine Neurodermitis war vor allem im Winter schlimm und hat sich innerhalb der vier Jahre noch verschlechtert.

Wie war es dann, als du die Diagnose erfahren hast? Was hat die Diagnose bei dir ausgelöst?

Da ich damals noch sehr klein war, kann ich mich gar nicht genau daran erinnern. Ich weiß aber, dass ich mich als kleines Kind für meine Haut geschämt habe – ich habe zum Beispiel im Sommer ungern T-Shirts getragen, weil man dann meine Arme hätte sehen können. Auch wenn meine Freunde in der Grundschule immer verständnisvoll waren, habe ich mich doch oft unwohl „in meiner Haut“ gefühlt.
Als meine Neurodermitis vor 4 Jahren wiederkam, wollte ich es erst gar nicht wahrhaben. Ich konnte mich noch gut an all die Einschränkungen erinnern, mit denen ich früher zu kämpfen hatte. Ich habe lange Zeit nach Auslösern und Trigger-Faktoren gesucht, um nicht akzeptieren zu müssen, dass die Krankheit leider einfach wieder da ist. Die ewige Suche nach dem Auslöser kennen, glaube ich, viele Menschen, die an Neurodermitis erkrankt sind. Natürlich macht die Krankheit auch mit der Psyche etwas. Ich muss auf Sachen achten, über die sich Andere nie Gedanken machen würden.

Wie hat deine Familie reagiert?

Meine Mama war die größte Stütze für mich, als ich als Kind Neurodermitis hatte. Sie ist mit mir zu allen möglichen Fachärzten gegangen und hat immer mit mir „gelitten“, wenn es mir wegen meiner Haut nicht gut ging. Meine Eltern haben sehr auf meine Ernährung geachtet, da sich zum Beispiel industrieller Zucker besonders schlecht auf meine Haut auswirkt. Außerdem hatte ich damals einige Lebensmittelallergien, auf die wir zusätzlich achten mussten. So habe ich damals als Kind oft andere Sachen gegessen als die anderen Kinder. Außerdem durfte ich nur wenige Süßigkeiten essen – das war für mich sehr schlimm, da ich Süßes geliebt habe (damals wie heute)! Ich musste also schon in jungen Jahren auf Vieles verzichten. Im Sommer sind wir wegen meiner Haut oft an die Nordsee gefahren, weil das meiner Haut gutgetan hat.

Wie hat sich dein Leben und das deiner Familie seither verändert?

Als ich als Erwachsene wieder Neurodermitis bekommen habe, hatte ich anfangs eine echt schwierige Zeit. Ich musste tatenlos zusehen, wie sich die Krankheit immer weiter ausbreitet, und es gab viel zu lange keine Alternative. Besonders im Winter ging es mir sehr schlecht. Ich musste Partys und Treffen mit Freunden absagen, konnte nicht zum Sport gehen, habe Busfahrten gemieden, habe fast nicht geheizt. Wenn ich mich mit Freunden in einem Café oder bei ihnen zuhause getroffen habe, im Büro oder in der Uni war, wurde meine Haut durch die trockene, stickige Luft schlagartig schlechter. Das hat dazu geführt, dass ich eigentlich nur zuhause so richtig entspannen konnte. Auch schlafen war in den schlimmsten Zeiten ein Problem, da meine Haut derart trocken war, dass ich davon mehrmals in der Nacht aufgewacht bin. Das alles war natürlich auch für meine Psyche eine große Belastung.

Ich probiere so oft es geht ans Meer zu fahren, da Salzwasser und Sonne die „beste Medizin“ für meine Haut sind. Ich achte auf meine Ernährung, auch wenn ich da natürlich nicht immer hundertprozentig konsequent bin. Ich koche immer frisch und habe eine große Liebe zu Datteln entwickelt – diese Art von Zucker vertrage ich nämlich gut! Außerdem achte ich immer auf gute Luft in meiner Wohnung, heize deshalb im Winter kaum bis nie.

Jetzt, wo es meiner Haut viel besser geht, weiß ich dies viel mehr zu schätzen.

Wie bewältigst du deinen Alltag?

Zurzeit wird mein Alltag durch meine Krankheit dank meiner Therapie nicht besonders eingeschränkt – zum Glück! Dennoch ist meine Haut sehr sensibel und leicht strapazierbar. Deshalb versuche ich, wie oben erwähnt, auf meine Ernährung, gute Luftqualität etc. wann immer es geht zu achten. Wegen Corona hat sich mein Arbeits- und Unialltag in der letzten Zeit vor allem zuhause abgespielt – eigentlich schade, aber für meine Haut definitiv entlastend.

Wie geht es dir aktuell?

Aktuell geht es mir sehr gut! Durch die Therapie, die ich seit ca. 2 Jahren mache, hat sich meine Haut unheimlich verbessert. Meine Haut ist fast „normal“, besonders im Sommer. Mit vergleichsweise kleinen Hautproblemen komme ich gut zurecht – ich weiß zu gut, wie viel schlimmer es sein kann bzw. lange Zeit auch gewesen ist.

Wie therapierst Du zurzeit?

Ich mache seit zwei Jahren eine Antikörper-Therapie. Meine Haut schlägt ziemlich gut darauf an und ich habe – wie oben beschrieben – nur noch wenige Beschwerden. Zusätzlich benutze ich eine Salbe für meine Augen; manchmal auch für weitere Stellen in meinem Gesicht, da dort meine Haut besonders sensibel ist.

Was hilft dir, deine Neurodermitis gut in den Griff zu bekommen?

Das Medikament, das ich nehme, nicht parfümierte Cremes als Basispflege (Inhaltsstoffe z.B. Urea oder Meersalz), viel frische Luft und wenig bzw. kein Heizen im Winter, ans Meer fahren so oft es geht, Sommer & Reisen ins Warme, gesunde Ernährung mit entzündungshemmenden Lebensmitteln und wenig Zucker, viel Wasser trinken, Sport (da ich dabei am besten abschalten kann). Stress ist für mich auch ein Triggerfaktor, den ich vermeide bzw. dem ich durch Aktivitäten wie Sport, Lesen, Spazieren etc. aktiv entgegenwirke. Neben meiner Therapie sind für mich alle aufgezählten Punkte absolute „Must-haves“, ohne die es meiner Haut nicht so gut gehen würde, wie es mir momentan geht.

Was ist dein Wunsch in Bezug auf deine Erkrankung?

Ich wünsche mir einerseits mehr Verständnis von der Gesellschaft für Neurodermitis-Betroffene und andererseits mehr Engagement seitens Politik. Viele Leute kennen zwar Neurodermitis, sind sich des Ausmaßes der Einschränkungen aber gar nicht bewusst. Oft ist Neurodermitis für sie nur ein Hautausschlag, der eben komisch aussieht. Das hat bei mir früher beispielsweise dazu geführt, dass ich bei Krankschreibungen wegen meiner Haut komisch angeguckt wurde. Zeitweise war meine Haut so schlecht, dass ich jede halbe Stunde aufgewacht bin und mich eincremen musste, da die Haut so wehgetan hat – wenn ich überhaupt schlafen konnte. Außerdem war meine Haut an manchen Tagen so schlimm und hat so gejuckt/geschmerzt, dass ich einfach nicht auf die Arbeit gehen konnte. Dass das teilweise nicht als richtige Krankheit angesehen wurde, hat mich damals manchmal fast zur Verzweiflung gebracht.
Würde die Gesellschaft mehr über Neurodermitis wissen, würde sie Neurodermitikern mit mehr Verständnis begegnen.
Dem ist hinzuzufügen, dass die Luft in den allermeisten Büroräumen und anderen Gebäuden (und Verkehrsmitteln) so schlecht ist, dass meine Haut nach einem Bürotag zwangsläufig schlechter wird. Das, finde ich, ist auch Aufgabe der Politik: Die Luftqualität zu verbessern. Es kann nicht sein, dass Menschen mit Neurodermitis so etwas in Kauf nehmen müssen, nur, weil sie z. B. auf die Arbeit gehen.

Auf meine Krankheit bezogen wünsche ich mir natürlich, dass meine Haut weiterhin gut bleibt und noch weiter geforscht wird, sodass ich irgendwann (nahezu) beschwerdefrei leben kann.

Schlusswort:
Mir ist es immer schwergefallen, meine Haut mit all den Macken zu akzeptieren, wie sie ist. Aber das ist wichtig – jeder hat ein Päckchen zu tragen, und das ist eben meins. Ich probiere mir trotzdem nichts verbieten zu lassen. Besonders Reisen, aber auch Sport sind für mich Herzensangelegenheiten. Das lasse ich mir nicht nehmen und ich bin auch der Überzeugung, dass das mir und meiner Haut guttut!