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Chronisch entzündliche Darmerkrankung: Die Geschichte von Kiki

Mut-Mach-Geschichte von Kiki - Morbus Crohn

Name: Kiki @viennagirl.kiki
Alter: 34
Diagnose: Morbus Crohn – Symptome seit der frühen Jugend, Diagnose Ende 2016 / Anfang 2017

Interview:

Wie verlief dein Weg von den ersten Symptomen bis zur Diagnosestellung? Gab es Besonderheiten oder Schwierigkeiten?

Die ersten Symptome zeigten sich schon früh in der Jugend. Ich war schon immer die, die oft in der Schule gefehlt hat und die, die immer Durchfall hat. Ich war bei vielen verschiedenen Ärzten, hatte mehrere Darmspiegelungen, aber nie wurde etwas gefunden. Ich wurde als Simulantin abgestempelt. Es hieß, meine Probleme wären psychisch, eine pubertäre Laune oder es wurden Fehldiagnosen gestellt. Erst mehr als 10 Jahre später kam die Diagnose Morbus Crohn nach einer erneuten Darmspiegelung. Doch da war es schon 5 vor 12. Im Jahr 2018 konnte ich mich vor Schmerzen kaum auf den Beinen halten, habe viel an Gewicht verloren und stark geblutet. Meine Entzündungswerte waren utopisch. Ich wurde direkt im Krankenhaus behalten, bekam Kortison und Antibiotika. Im Mai wurde ich operiert: Eine 2 Stunden OP war geplant, aber es wurden 6 Stunden daraus. Der Chirurg sagte später zu mir, dass ich froh sein kann, noch zu leben, denn erst da wurde festgestellt, dass ich bereits ein Loch, also eine Perforation, im Darm hatte. Dadurch das der Crohn solange unentdeckt und unbehandelt war, hatte ich durch die Entzündungen sehr viele und starke Verwachsungen im Darm. Deswegen musste mir wesentlich mehr Darm entfernt werden als ursprünglich geplant.

Wie hast du die Morbus Crohn-Diagnose aufgenommen? Hast du verstanden, was das für dich und deine Umwelt bedeutet?

Als die Diagnose kam, war ich nicht sonderlich überrascht. Ich habe es immer vermutet. Aber auch lange an mir selbst gezweifelt, ob ich mir das nicht alles einbilden würde, da Jahre lang nie was gefunden wurde.

Ich habe schrecklich geweint, nach dem Gespräch mit dem Arzt. Ich habe gedacht mein Leben wäre vorbei. Ich habe noch von der Praxis aus, meine Familie und meinen Mann angerufen. Die haben mich beruhigt und gemeint, wir kriegen das schon hin! Rückblickend gesehen, war mir die Tragweite natürlich absolut nicht bewusst.

 

Gab es Reaktionen, die dir als besonders herzlich oder komplett unpassend in Erinnerung geblieben sind?

Ja, meine Familie und mein Mann haben mich aufgefangen. Sie standen immer hinter mir, haben mich ermutigt, mich zu Arzt Terminen begleitet, mit mir zusammen gelacht und geweint.

Unpassend empfand ich die Reaktionen von ehemaligen Vorgesetzten oder ehemaligen Freunden. Trotz Diagnose, wurde ich oft nicht ernst genommen, belächelt, meine Erkrankung runter gespielt oder mir selbst die Schuld daran gegeben.

Du bist eine aktive Mama. Dein Instagram-Account @viennagirl.kiki sieht so bunt und fröhlich aus, als würde dich und euch als Familie nichts umhauen können. Wann kommst du dennoch ins straucheln und was tust du dann?

So bunt und fröhlich, wie unser Leben einfach ist, kann uns als Familie tatsächlich nichts umhauen. Wir haben so ein starkes Band, halten immer zusammen, vertrauen einander, sagen, wenn wir mal genervt sind, streiten uns, vertragen uns und lieben einander bedingungslos.

Ins Straucheln komme ich besonders dann, wenn etwas nicht nach meiner Vorstellung läuft. Ich bin ein Monk, muss immer alles planen, auch aufgrund meiner Erkrankung. Struktur und einheitliche Abläufe geben mir Sicherheit. Überraschungen, Spontaneität und Chaos sind gar nichts für mich.

Aber wenn mal was nicht nach Plan läuft, versuche ich Ruhe zu bewahren, tief durchzuatmen und Plan B tritt in Kraft. Grade als chronisch kranke Mama muss man im Alltag oft flexibel sein.

Was ist deine größte Herausforderung mit CED und Kids?

Meine größte Herausforderung ist, dass ich mich selbst nicht verrückt mache, mir meine Erwartungen an mich selber herunterschraube und auch mal um Hilfe bitte. Wenn meine CED es zulässt, bin ich eine ganz normale Mama. Das Schwierige ist, an schlechten Tagen sich selbst einzugestehen, dass es vielleicht heute nicht so möglich ist, wie man es gern möchte. Zum Glück habe ich meinen Mann und meine Familie, die mich an solchen Tagen unterstützen.

Aus welcher Motivation heraus, hast du die Insta-Seite @ced.fremde.freunde gegründet?

Ehrlich gesagt, habe ich mich allein gefühlt. Klar, hat man mal hier und da mit jemandem geschrieben der auch eine CED hat. Aber trotzdem war ich irgendwie allein. Ich habe mir gedacht: „Wenn ich mich so fühle, fühlen sich bestimmt auch andere so. Und das muss man doch irgendwie ändern.“ Also habe ich die Seite gegründet, um es Betroffenen und Angehörigen einfacher zu machen Gleichgesinnte zu finden. Bei uns hat jeder die Möglichkeit, sich und seine Geschichte zu erzählen, andere anzuschreiben, sich über Themen auszutauschen und im besten Fall werden aus Fremden echte Freunde.

Welche sind die wichtigsten Erkenntnisse, die du von @ced.fremde.freunde mitnimmst?

Du bist nicht allein. Die CED-Community ist wahnsinnig vielfältig, offen und verständnisvoll. Ich freue mich riesig, dass durch unsere Seite schon echte Freundschaften entstanden sind. Das macht mich glücklich. Anderen Mut machen, Hoffnung geben, ihnen zu zeigen „Hey es ist ok, so wie du bist!“, anderen das Gefühl zu geben, dass sie nicht alleine sind, das treibt mich an!

Wie geht es dir aktuell?

Ich habe vor kurzem erst eine neue Diagnose dazu bekommen. Ich habe Psoriasis und Morbus Crohn. Das war am Anfang echt hart. Aber den Kopf in den Sand stecken, war noch nie mein Ding. Ich habee grad eine Therapieumstellung hinter mir und eine längere Phase Kortison nehmen müssen. Ich würde sagen, ich bin am Weg der Besserung. Es ging mir schon besser, aber auch wesentlich schlechter. Ich hab einen chronisch aktiven Verlauf.

Therapierst du gerade? Was sind deine Erfahrungen hier?

Ja, aktuell nehme ich Stelara. Seit meiner OP 2018, bis Mitte 2022 hatte ich Humira. Ich habe unter Humira Therapie zwei Kinder bekommen und auch gestillt. Dafür bin ich unglaublich dankbar. Meine Ärztin hat mich immer darin bestärkt unter Humira schwanger zu werden und auch zu stillen, das war sehr hilfreich für mich. Und auch jetzt mir der Stelara Therapie, stille ich mein Baby noch weiter. Das funktioniert wunderbar.

Was wünscht du dir in Bezug auf die Krankheit?

Ich wünsche mir, dass die Forschung irgendwann eine Heilung findet. Bis dahin wünsche ich mir einfach, dass die Menschen verständnisvoll und offen mit der Erkrankung umgehen. Genau deswegen darf das Thema Darm und Stuhlgang einfach kein Tabu Thema mehr sein.

Schlusswort:
Das Leben ist schön, von einfach war nie die Rede!