Die Geschichte von Ulrike

  • Name: Ulrike Röder
  • Alter: 47
  • Diagnose:Morbus Crohn (2007)Rektumstenosetiefe anteriore RektumresektionIleozökalresektionSchwerbehinderung 70%und andere Krankheiten
  • Link: @pumklchen123
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Gab es Reaktionen im Laufe deinen Betroffenendaseins als CED-Patientin, die dir als besonders herzlich, absurd oder unpassend in Erinnerung geblieben sind?

Ja, einige Freunde haben sich von mir abgewandt. Menschen haben sich über mich lustig gemacht, wenn es in die Hose ging oder ich nicht auf die Toilette kam. Außerdem habe ich meine Arbeitsstelle verloren, weil ich nur mit Auflagen arbeiten konnte. Daher habe ich mit 2018 mit dem Modeln angefangen. Es gibt Freunde und auch Familie, die hinter mir stehen. Mein Ex-Mann leider nicht. Wegen der Erkrankung nahm er mir meine Kinder, die ich ab und zu sehe.

Du bist Model und auf deinem Instagram-Account @pumklchen123 sieht man, wie aktiv und gut gebucht du bist. Was sind die größten Herausforderungen eines Models mit CED im Arbeitsumfeld und wie löst die diese?

Als Model mit CED ist es teilweise schwierig, denn viele Menschen sind nicht offen für Dinge, die anders sind. Ja, ich werde oft von Fotografen oder Unternehmen gebucht, aber es ist leider auch so, dass, wenn man nicht mehr so kann, wie man möchte, man kaum mehr beachtet wird. Die meisten Menschen sehen beispielsweise gar nicht, dass ich mit und durch meine Krankheit stark bin. Ich wünschte mir, dass ich noch mehr modeln könnte, so dass ich mir damit was aufbauen kann. Daran arbeite ich derzeit hart. Ich gehe mit meiner Erkrankung offen um und setze natürlich diejenigen von der CED in Kenntnis, die es wissen müssen. Ein Stoma habe ich nicht, stand aber kurz davor. Bei meiner letzten OP wurde ich 2 Mal geklammert.
Meine tägliche Herausforderung: Nicht zu oft auf Toilette gehen zu müssen, nichts in meine Kleidung kommen zu lassen und mich frei von Schmerzen zu halten. Meine Lösung: Wenig essen, Schmerzmittel immer griffbereit haben, ständig die Toilettensituation im Blick zu haben, Toilettenzeit schon bei der Anreise mit einzuplanen und auch kurzfristige Pause dort zu machen.

Was ist deine größte Herausforderung mit CED außerhalb der Arbeit? Wie meisterst du die Hindernisse des Alltags? Hast du ein paar Tipps und Tricks, die den NIK-Leserinnen helfen könnten?

Privat sind meine größten Herausforderungen, dass ich mehr als drei Stunden Schlaf bekomme, denn häufig schlafe ich gar nicht. Eine gesundere Ernährung und Nahrungsergänzungsmittel finanzieren zu können, sind schwer für mich und teilweise drehe ich mein Geld fünf Mal um und es reicht immer noch nicht aus. Generell ist es herausfordernd, mit dem Geld über den Monat kommen, das mit zur Verfügung steht. Es ist eine starke psychische Belastung für mich, als arbeitslose Hauswirtschafterin, die nicht mehr arbeiten darf, von ALG 2 zu leben. Weil ich meine täglichen Aufgaben nicht mehr an einem Stück machen kann und schnell erschöpft bin, ruhe ich mich oft aus. Nachmittags lege ich mich gerne auf die Couch, wenn es geht. Eine Therapie wäre toll, ist aber derzeit leider nicht möglich. Deshalb habe ich nicht wirklich coole Tipps oder Tricks.

Welche Erkenntnis ist die wichtiges, die du seit der CED-Diagnose für dich gemacht hast?

Diese CED-Erkrankung hat mir gezeigt, dass sich mein Leben bewusst verändert und mich stärker gemacht hat. Nach jahrelanger Therapie und der Unterstützung meiner Freunde und Familie, habe ich wieder zu mir gefunden. Außerdem ist mir klar, dass ich an meinen Zielen hart arbeiten muss, um sie zu erreichen.

Wie geht es dir aktuell?

Mir geht es den Umständen entsprechend. Ich habe vermehrt Gelenkschmerzen, Durchfälle bis zu 15 mal am Tag und mir fehlt der Schlaf extrem. Psychisch bin ich derzeit etwas angeschlagen, denn die letzten 3 Jahre waren wirklich anstrengend für mich.

Therapierst du gerade? Was sind deine Erfahrungen hier?

Ich bekomme einmal im Monat Entiyo als Infusion, was deutlich besser funktioniert als die anderen CED-Medikamente vorher, weil die Infusion einfach länger anhält.

Was wünscht du dir in Bezug auf die Krankheit?

Vor allem viel mehr Akzeptanz und Toleranz für CED-Erkrankte. Außerdem mehr Aufklärung und Unterstützung, damit andere Menschen erkennen, worum es bei CED geht. Aber auch mehr Model-Jobs wären toll und dass meine Erwerbsminderungsrente nach 6 Jahren durchgeht. Und wenn sich jemand findet, der an meiner Seite und einfach nur da ist und mit mir jeden Weg beschreitet, würde mich das sehr glücklich machen.

Schlusswort:

Ich kam dem Tod schon zwei Mal sehr nahe, was mich, meiner Meinung nach, zu einer wirklich guten Ratgeberin macht. Deshalb rate ich euch: Solange ihr das Leben genießen könnt, genießt es! Achtet auf eure Gesundheit und seid offen und herzlich zu euren Mitmenschen. Und denkt immer dran, dass jeder einzelne Mensch etwas Besonderes an sich hat. Macht das nicht mit Intoleranz kaputt, denn Menschen wie ich zerbrechen daran. Außerdem hat meine Oma immer gesagt: „Denk’ erst an dich, bevor du an andere denkst. Wenn es dir gut geht, geht es den anderen auch gut.“

  • Bild zur Mut-Mach-Geschichte von Pauline