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Neurodermitis: Die Geschichte von René

Bild zur Mut Mach Geschichte Neurodermitis von René

Name: Rene Sackel aus Hildesheim, 42 Jahre alt, zweifacher Familienvater und Erfinder von Showerplus
Diagnose: Neurodermitis
Instagram: @showerplus.de


Interview:

Kannst Du uns etwas über Deine persönliche Reise mit Neurodermitis erzählen?

Das möchte ich gerne versuchen, obwohl es nicht ganz leicht ist. Mit einer Neurodermitis zu leben, hat mein gesamtes Leben geprägt. Bereits in der Kindheit haben meine Eltern mich von Arzt zu Arzt geschleppt. Ich war jung und unternehmungslustig und habe eigentlich nie so ganz verstanden, was mit mir passiert. Ich habe nur mitbekommen, dass meine Haut anders aussieht als bei anderen Kindern.
In den späteren Jahren hat sich mein Umgang mit dieser Erkrankung verändert. Ich war eigenverantwortlich, wollte aber meinem Umfeld natürlich auch gefallen. Eine trockene, schuppige und meistens gerötete Haut trägt dazu wenig bei.

Also was tut man? Das, was alle Neurodermitis Patienten tun, man probiert alles aus, was nur ein wenig Linderung verspricht. Kortison war dann nicht selten, die letzte Option, die ich gezogen habe. Mir war klar, davon musst du weg.
Ich bin oft an die Ostsee gefahren. Die salzige Luft, kombiniert mit Salzbädern, hat dazu beigetragen, dass ich phasenweise kaum noch Symptome hatte.

Welche Herausforderungen hast Du im Umgang mit Neurodermitis erlebt?

Da gibt es sicherlich einige. Der ständige Juckreiz, verbunden mit dem Drang sich kratzen zu wollen. Was dann dazu geführt hat, dass diese Haustellen sich entzündet haben. Durchschlafen war dann schwierig, weil genau diese Symptome mich natürlich auch wachgehalten haben. An sportliche Aktivitäten war in diesen Phasen oft nicht zu denken, da gerade das Schwitzen nicht förderlich war. Ich hatte dann manchmal das Gefühl, gesellschaftlich ausgegrenzt zu sein. Auch meinen Kindern gegenüber war es nicht immer leicht zu erklären, warum wir gerade heute dieses oder jenes nicht machen können. Solche Situationen stressen mich. Und wie wir alle wissen, ist gerade Stress ein wesentlicher Auslöser.

Gab es einen lebensverändernden Moment auf deinem Weg mit deiner Erkrankung?

Ja, diesen Moment gab es tatsächlich. Auch wenn das jetzt, wie Werbung in eigener Sache rüberkommen wird, möchte ich dennoch diesen Punkt nicht auslassen. Ich hatte bereits erwähnt, dass die salzige Ostseeluft, kombiniert mit intensiven Salzbädern wesentlich zur Linderung der Symptome beigetragen hat. Da gab es aber ein Problem. Immer wenn ich wieder zu Hause war, musste ich auf diesen Luxus verzichten. In meiner Wohnung gibt es keine Badewanne und Freunde und Bekannte kann man mit so etwas ja nicht belästigen.
Jetzt bin ich aber gelernter Verfahrenstechniker. Und als solcher bin ich lösungsorientiert. Also habe ich mir die Frage gestellt: Geht das nicht auch anders? Nach vielen Versuchen habe ich ein System entwickelt, dass ich an meiner Dusche befestigt habe. Über dieses System war ich nun in der Lage, beim täglichen Duschen meine Haut mit der notwendigen Konzentration an Salz zu versorgen. Showerplus war geboren. Ich habe diese Entwicklung zur Serienreife gebracht und habe es mir zur Aufgabe gemacht, Menschen mit Neurodermitis oder auch Psoriasis, dieses System zur Verfügung zu stellen. Daraus ist zwischenzeitlich ein Unternehmen geworden, das Betroffene in weiten Teilen Europas dabei hilft, beim täglichen Duschen nicht auf die Salzanwendung verzichten zu müssen.
Für mich war dieser Moment lebensverändernd und zu einer Passion geworden.

Kannst Du uns von einem Moment besonderer Stärke oder Durchhaltevermögens erzählen?

Ich bin mir nicht sicher, ob ich hier über einen Moment sprechen kann, oder ob es die Lebensumstände sind, die dieses Durchhaltevermögen notwendig machen! Ich habe zwei kleine Kinder. Es kann nicht sein, dass meine Neurodermitis und die damit verbunden Auswirkungen, dass Leben meiner Kinder beeinträchtigt. Ich bin verpflichtet, meine Erkrankung so zu managen, dass es keinen Einfluss auf das Leben meiner Kinder hat. Die beiden Mäuse haben einen Anspruch auf einen funktionsfähigen Vater. Ich habe diesen Anspruch und daher halte ich mich an meine Therapieroutine und lebe entsprechend.

Hast Du Tipps, wie man Unterstützung in Form von Familie, Freunden oder der Gesellschaft findet?

Es ist sicherlich wichtig, Verständnis in seinem persönlichen Umfeld zu haben. Das meiste davon bekommt man, wenn man den anderen nicht auf die Nerven geht. Dabei aber auch signalisiert, dass man auch selbst in der Lage ist sein Leben zu managen. Verständnis kann sich auch verbrauchen. Einen Tipp habe ich aber dennoch. Morgens aufstehen und sich klar machen, der Tag gehört mir und ich lasse mich nicht unterkriegen. Das sorgt für Akzeptanz im persönlichen Umfeld.

Wie hat sich Deine Perspektive auf Gesundheit und Wohlbefinden verändert?

Wie bereits erwähnt, hat meine Erfindung von Showerplus, nicht nur mein persönliches Wohlbefinden verändert. Ich habe eine Pflegeroutine entwickelt, die mein Leben täglich besser macht. Auch habe ich seitdem Kontakte zu tausenden Betroffenen, die mit ähnlichen Herausforderungen umgehen müssen. Wir helfen uns gegenseitig und ich fühle mich nicht mehr allein. Das macht mir Mut.

Welche Botschaft möchtest Du anderen Betroffenen mitgeben?

Ihr stellt aber auch Fragen. Jeder Betroffene hat seine eigene Geschichte. Er muss in seinem persönlichen Umfeld mit dieser Geschichte klarkommen. Auch sind die Verläufe nicht immer gleich, aber an vielen Stellen ähnlich. Vielleicht wäre ein Appell an dieser Stelle richtig? Tauscht euch aus mit Menschen, die eine vergleichbare Situation haben. Gebt euch gegenseitig Hilfestellungen, dann ist man weniger allein. Neurodermitis beeinflusst unser Leben, sie darf es aber nicht dominieren.

Ach ja, und unterstützt Organisationen wie NIK e.V. Immerhin haben es sich diese Menschen zur Aufgabe gemacht, für uns Betroffene da zu sein.