Lupus

Der systemische Lupus erythematodes (SLE) ist eine chronische, multisystemische Autoimmunerkrankung, die zu Entzündungen in Körpergeweben und inneren Organen führt. Wie die Erkrankung im Einzelfall verläuft, variiert von Patient zu Patient. Durch eine frühe, konsequente und zielgerichtete Behandlung kann ein langfristiges Überleben der SLE-Patienten ermöglicht, Organschäden reduziert und gesundheitsbezogene Lebensqualität optimiert werden.

Die Diagnose systemischer Lupus erythematodes sollte bei keinem Patienten aufgrund des Lebensalters prinzipiell ausgeschlossen werden, da er in jedem Alter auftreten kann. In bestimmten Altersgruppen tritt ein Lupus jedoch häufiger auf als in anderen.

Das Alter scheint zudem bei der Ausprägung der Symptome eine Rolle zu spielen: Bei Kindern wird z. B. häufiger eine renale und neurologische Beteiligung beobachtet als bei Erwachsenen. Umgekehrt sind bei Erwachsenen, bei denen sich der SLE erst im Alter von über 50 Jahren manifestiert, die Symptome weniger spezifisch und es tritt seltener eine Nephritis auf. Diese Besonderheit könnte möglicherweise zur Unterdiagnose des SLE bei älteren Patienten beitragen, die gleichzeitig erhöhte Morbidität und Mortalität, vermutlich auf Grund der Komorbiditäten, aufweisen.

Verlaufsformen von Lupus

 

1. schubförmig-wiederkehrend (remittierend)

2. dauerhaft aktiv (chronisch)

3. langfristig ruhend

Was passiert nach der Diagnose?

Die SLE-Krankheitsaktivität muss kontinuierlich überwacht und die Therapie entsprechend angepasst werden, da Krankheitsschübe maßgeblich zu einer Kumulation von Organschäden beitragen und den Krankheitsverlauf verschlechtern. Es wird klar empfohlen, die  Aktivität des SLE regelmäßig mit einem der validierten Scoreszu erfassen.

Als Hilfestellung stehen für Sie folgende Materialien zum kostenfreien Download bereit:

  • Der interaktive SLEDAI-Score zur Erfassung der SLE-Krankheitsaktivität im Praxisalltag
  • Der Lupus Impact Tracker für Patienten, der speziell dazu entwickelt wurde, um die Lupus-Symptome sowie deren möglichen Einfluss auf das Leben zu erfassen und mit dem Arzt zu besprechen.

Was sind die Ursachen von Lupus?

Die Ursache von Lupus ist bislang nicht vollständig geklärt. Als einer der Schlüsselfaktoren wird ein Verlust der Immuntoleranz für Autoantigene des Zellkerns angenommen. Antinukleäre Antikörper (ANA) greifen körpereigene Zellen und Gewebe des Patienten an. Infolgedessen werden z.B. Blutgefäßwände zerstört, was wiederum zu organspezifischen Symptomen des Lupus und Organschäden führt. Neben immunologischen Faktoren sind u. a. auch genetische, hormonelle und umweltbedingte Faktoren an der Lupus-Entstehung beteiligt.

Was sind die Symptome von Lupus?

„Typisch Lupus“ gibt es eigentlich nicht, denn die Symptome eines systemischen Lupus erythematodes (SLE) sind vielfältig. Jeder Patient hat sozusagen seinen eigenen Lupus, u. a. weil so viele verschiedene Organe mit ihren spezifischen Symptomen beteiligt sein können.¹ Die Herausforderung besteht allerdings darin, die verschiedenen Ursachen der Symptome zu differenzieren. Symptome können auf Grund der Krankheitsaktivität, der Therapie und/oder auf der Tatsache beruhen, dass SLE-Patienten an Erkrankungen mindestens genauso häufig erkranken wie andere Menschen.¹ Hier finden Sie einen Überblick über die Symptome, die spezifisch auf das Vorliegen eines SLE hindeuten können.

Menschen mit einem SLE zeigen oft allgemeine Symptome, die nicht Lupus-spezifisch erscheinen, wie z.B. Fieber, extreme Müdigkeit / Erschöpfung (Fatigue), Gewichtsverlust, aber auch Organ-spezifische Symptome wie Gelenkbeschwerden, Hauterscheinungen, Haarausfall oder eine schlechte Blutzirkulation in Fingern und Zehen (Raynaud-Syndrom).

  • Bewegungsapparat
    • Der Bewegungsapparat ist bei ca. 95 % der SLE-Patienten von Symptomen betroffen. Am häufigsten treten Arthralgien (bei ca. 95 %), Myalgien (bei ca. 70 %) und eine nicht-erosive Arthritis (bei ca. 60 %) auf.³
  • Haut und Schleimhäute
    • Bei ca. 80 % der SLE-Patienten sind Haut und Schleimhäute betroffen, beispielsweise mit meist schmerzlosen Ulzerationen im Mund, Alopezie, Photosensitivität oder einem Schmetterlingserythem.²⁺³ Bei letzterem handelt es sich um Hautrötungen über Nasenrücken und Wangen, die die Nasolabialfalte aussparen und Tage oder Wochen andauern können.¹
  • Niere
    • Bei 40 – 70 % aller SLE-Patienten betrifft der Lupus im Krankheitsverlauf auch die Nieren: Die Lupus-Nephritis beeinflusst maßgeblich die Morbidität und ist der häufigste Grund für Lupus- bedingte Krankenhauseinweisungen.¹
  • Pleura & Lunge
    • Bei etwa 50 – 70 % der SLE-Patienten tritt im Krankheitsverlauf eine Pleuritis mit rezidivierenden Pleuraergüssen auf – besonders bei hoher allgemeiner Krankheitsaktivität. Sie ist die häufigste pleuropulmonale Manifestation von SLE-Patienten. Häufig liegt gleichzeitig eine Lupuspneumonie vor.¹⁺³
  • Lymphsystem
    • Eine Lymphadenopathie, also eine Schwellung der Lymphknoten entwickeln etwa 40 % der SLE-Patienten.¹
  • Herz & kardiovaskuläres System
    • Eine Perikarditis mit Perdikarderguss oder Myokardiditis (unter Beteiligung der Koronararterien) kommen bei ca. 25% der SLE-Patienten vor. Das Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse ist bei SLE-Patienten 2,7x höher als in der Allgemeinbevölkerung.¹
  • Nervensystem
    • SLE kann sowohl das zentrale als auch das periphere Nervensystem betreffen. Kopfschmerzen, eine aseptische Meningitis, Polyneuropathie, Schlaganfall, Depressionen, Psychosen und Angstzustände zählen zu den neurologischen Problemen.¹⁺²
  • Hämatologische Manifestationen
    • Anämie, Leukopenie, Thrombozytopenie und das Antiphospholipid-Syndrom sind häufige klinische Manifestationen.
  • Fatigue
    • 50 – 90 % der SLE-Patienten leiden unter ständiger Fatigue. Das nicht-spezifische Symptom beeinträchtigt die Lebensqualität der Patienten zum Teil erheblich. Patienten beschreiben Fatigue als unvorhersehbar, dominierend, lähmend und unüberwindbar. Fatigue schränkt häufig die alltäglichen Aktivitäten stark ein und zwingt die Patienten ihre Hobbys (z. B. Sport) oder die Arbeit aufzugeben. Die Patienten fühlen sich hilflos, machtlos und manchmal wütend und schuldig. Fatigue ist ein Symptom, das andere Menschen, z. B. Verwandte nicht sehen und deshalb oft nicht glauben oder verstehen können, ein Symptom, das nicht objektivierbar ist.

Welche Behandlungsmöglichkeiten gibt es?

Jeder Patient hat seinen eigenen Lupus. Die variablen Symptome, Erkrankungsverläufe und Organbeteiligungen erfordern eine patientenindividuelle und flexible Behandlung. Heutzutage gibt es sehr gute Behandlungsmöglichkeiten für Lupus, die oft ein weitgehend normales Leben ermöglichen. Unterschieden wird dabei in allgemeine Basismaßnahmen und konkrete SLE-Therapien.

  • Allgemeine Basismaßnahmen
    • Alle SLE-Patienten mit UV-Sensitivität sollten Sonnenexposition meiden und Lichtschutzcreme (LSF 70) verwenden. Zum Knochenschutz sollten 20.000 U/Woche Vitamin D genommen werden. Auf einen guten Impfschutz durch Standardimpfungen, sowie Influenza- und Pneumokokken-Impfungen sollte geachtet werden und Risikofaktoren wie z. B. Arteriosklerose sollten regelmäßig kontrolliert werden. Darüber hinaus können bei der Therapie folgende medikamentöse Optionen zum Einsatz kommen:
  • Anti-Malaria-Mittel
    • Zur Basistherapie des SLE gehört die Gabe eines Anti-Malaria-Mittels, meist mit dem Wirkstoff Hydroxychloroquin. Diese haben einen nachgewiesenen positiven Effekt auf den Krankheitsverlauf. Daher wird empfohlen, dass jeder SLE-Patient damit behandelt werden sollte, der diese Mittel verträgt.
  • Glukokortikoide
    • Die Gabe von Glukokortikoiden kann zunächst zu einer schnellen Verbesserung der Symptome führen. Allerdings steigt bei längerfristiger Anwendung das Nebenwirkungsrisiko, u. a. für irreversible Organschäden. Daher werden Glukokortikoide nur bei Schüben hochdosiert gegeben, dann schrittweise reduziert und sofern möglich ganz abgesetzt. Generell sollen Glukokortikoide nur in niedriger Dosierung von unter 7,5 mg pro Tag über längere Zeit eingesetzt werden.
  • Biologika
    • Wenn trotz Basismedikation weiterhin eine hohe Krankheitsaktivität besteht oder diese nicht vertragen wird, können auch Biologika, also biotechnologisch hergestellte Antikörper eingesetzt werden. Diese haben schon die Behandlungsmöglichkeiten bei anderen rheumatischen Erkrankungen (z. B. rheumatoide Arthritis) deutlich erweitert. Biologika schalten einzelne Komponenten des Immunsystems gezielt aus und können die Zahl der SLE-Schübe und den Bedarf an Glukokortikoiden vermindern.
  • Immunsuppressiva
    • Immunsuppressiva (z. B. Azathioprin, Methotrexat) reduzieren die Aktivität des Immunsystems unspezifisch und hemmen so dessen Reaktion gegen körpereigene Gewebe. Sie können bei schweren Verläufen als Langzeittherapie eingesetzt werden.
  • Nichtsteroidale Antirheumatika (NSAR)
    • NSAR wirken entzündungshemmend und somit schmerzlindernd. Sie werden bei milderem Verlauf als symptomatische Therapie eingesetzt, nicht aber zur Therapie von Patienten mit lebenswichtiger Organbeteiligung.
  • Andere Medikamente
    • Je nach Organbeteiligung und Begleiterkrankung werden weitere Medikamente eingesetzt. So wird beispielsweise die Niere durch Blutdrucksenker geschützt.

Auf die richtige Balance kommt es an

In welcher Dosis und Kombination Medikamente eingesetzt werden, ist eine individuelle und vom Verlauf der Krankheit abhängige Entscheidung, die viel Erfahrung erfordert. Welche Therapie für welchen Patienten zu welchem Zeitpunkt die beste ist, richtet sich u. a. nach:

  • dem Schweregrad der Erkrankung
  • der SLE-Aktivität, da sich die optimale Therapie von Schub zu Schub unterscheiden kann
  • der Organbeteiligung
  • individuellen Komorbiditäten
  • der Therapieadhärenz des Patienten oder der Patientin

Das SLE-Patienten-Management gleicht einem Balance-Akt, bei dem Vorteile und Risiken der Therapieoptionen miteinander abgewogen werden müssen. Neben möglichen Nebenwirkungen und Komplikationen, die sich aus der Behandlung ergeben können, spielen auch patientenindividuelle Faktoren eine wichtige Rolle bei dieser Abwägung.⁷ Gerade in frühen Erkrankungsstadien fällt es vielen Patienten schwer, zu akzeptieren, dass sie eine chronische Erkrankung haben, die eine lebenslange Therapie erfordert. Umso wichtiger ist es, die zur Wahl stehenden Therapieoptionen ausführlich mit dem Patienten zu besprechen.