Name: Sarah
Alter: 29
Diagnose: Multiple Sklerose 2009
Wie verlief dein Weg von den ersten Symptomen bis zur Diagnosestellung der Multiple Sklerose?
Am Tag darauf zog ich mein rechtes Bein hinterher. Da beides die rechte Körperseite betraf, dachte ich, es wäre ein eingeklemmter Nerv und bin zum Hausarzt. Der überwies mich zum Neurologen, der die ersten neurologischen Tests gemacht hat, die auch auffällig waren. Deshalb wurde ich dann ins MRT fürs Hirn geschickt, wo man Läsionen fand und ich stationär in der Neurologie aufgenommen wurde. Da folge die Lumbalpunktion und schnell hatte ich den Verdacht auf MS. Einige Zeit später bekam ich den 2. Schub und dann stand die Diagnose fest.
Direkt nicht. Ich war nur einfach sehr jung und hatte panische Angst vor der Lumbalpunktion. Aber ich hatte auch viel Glück, weil meine Diagnosestellung echt schnell ging. Einige Betroffene rennen Jahre von Arzt zu Arzt und erhalten die Diagnose erst sehr spät. Ich hingegen hatte darüber hinaus auch noch einen tollen Neurologen, welcher wirklich sehr menschlich war. Auch die MS Helferin war ein toller Mensch.
Wie erinnerst du den Moment, an dem du deine Diagnose erhalten hast?
Ich war total überfordert und hatte panische Angst vor der Zukunft. Ich hatte gerade meine Ausbildung begonnen und es war extrem schwierig, weil ich mich so „anders“ fühlte als meine Freunde. Kurzgefasst: Pure Überforderung, Zukunftsängste und ich hatte das Gefühl, mein Boden ist weg.
War dir bewusst, was die Diagnose für dich bedeuten kann?
Erst nicht, ich wusste nur, es ist nicht heilbar.
Ich kam dann in eine MS Klinik, was für mich damals absolut das Falsche war. Da waren so viele herzensgute Menschen, welche zum Teil schwere Behinderungen hatten. Das waren leider auch die ersten Menschen, die ich kennenlernte, die die gleiche Diagnose hatten wie ich. Und ich war da mittendrin und bekam noch mehr Angst. Heute kann ich sagen: Ja, ich habe Angst vor der Zukunft, aber niemand auf dieser Welt weiß, was die Zukunft noch für einen bereit hält.
Hat sich dein Leben und das deiner Familie seit der MS-Diagnose verändert?
Sehr. Ich bekam zusätzlich zur MS starke rezidivierende Depressionen und musste aufgrund der kognitiven Einschränkungen der MS mit 19 Jahren in Rente gehen.
Ich habe auch meinen gesamten Freundeskreis verloren, weil ich oft mental nicht in der Lage war, diese Freundschaften zu pflegen. Meine Familie stand aber immer hinter mir und dafür bin ich sehr dankbar
Wie weit ist deine Krankheit fortgeschritten?
Körperlich sieht man mir nichts an. Aber mein Kopf ist leider nicht mehr das, was er mal war. Ich hatte auch schon schwere Schübe, mit Rollstuhl und Rollator, diese haben sich aber immer zurückgebildet. Die Fatigue und die kognitiven Einschränkungen sind sehr schwierig für mich.
Und natürlich auch, dass ich laut bin: Auf verschiedenen Kanälen im Internet, mache ich Lärm, um Tabus zu brechen und über Vorurteile der MS aufzuklären. Der Austausch mit anderen Betroffenen gibt mir unheimlich viel Kraft.
Ich habe tatsächlich starke Probleme mit der Hitze, mir hilft es am besten, mich im Kühlen aufzuhalten, wenn es geht. Von Kühlkleidung habe ich schon viel Gutes gehört, aber es noch nicht selbst versucht
Wie geht es dir aktuell?
Aktuell fühle ich mich stabil und habe keinen akuten Schub. Kognitiv ist es immer nicht gut, unabhängig von Schüben.
Ja, ich bin gut auf ein Medikament eingestellt und vertrage es auch gut.
Was für Erfahrungen hast du mit deiner Therapie gemacht?
Ich hatte schon viele verschiedene MS Medikamente und kann sagen, nicht jedes ist für jeden geeignet.
Hast du schon alternative bzw. begleitende Therapiemethoden ausprobiert, die dich bei deinen regulären Behandlungen unterstützen konnten?
Ja, ich mache Ergo- und Physiotherapie und lasse mich therapeutisch behandeln, was mir hilft, mit der Erkrankung besser klar zu kommen.
Was wünscht du dir in Bezug auf deine Erkrankung?
MS ist die Krankheit der 1000 Gesichter. Auch wenn es schwer ist, sollte man sich nicht zu sehr verunsichern lassen! Denn nur weil XY dieses Symptom hat, heißt es nicht, dass man es selbst auch bekommt. Und auch wenn sich das Leben verändert, kann man es einfach anders leben.