Interview mit Ivy zum Thema Multiple Sklerose

Mein Name ist Ivy, ich bin 37 Jahre alt und die Diagnose Multiple Sklerose habe ich im März 2013 gestellt bekommen.

Welche Symptome waren es, die dich bis zur Diagnosestellung Multiple Sklerose begleitet haben?

Nach meiner Borreliose 2009 fingen die Symptome an. Sehnerventzündung, Gefühlsstörungen und starke Fatigue.

 

Wie hast du, deine Familie und dein Umfeld auf die Diagnose reagiert?

Ich war überfordert, fühlte mich leer, der Boden wurde mir unter den Füssen weggerissen. Zumal meine Mutter einige Tage vorher plötzlich verstorben war. Meiner Familie und meinem Umfeld erging es gleich. Viele waren sprachlos und wussten nicht, wie darauf zu reagieren ist. Wir waren alle sehr überfordert und konnten nicht viel mit dem Begriff MS anfangen.

 

Du bist Gründerin der Zürcher Regionalgruppe dreaMS, die mit MS-Betroffenen und Angehörigen diverse Sachen unternimmt?

2017 habe ich mit der Unterstützung der Schweizerischen Multiple Sklerose Gesellschaft die Regionalgruppe dreaMS gründen dürfen. Unser Jahresprogramm wird durch Spenden finanziert und beinhaltet ca. 6-8 Veranstaltungen pro Jahr. Dazu gehören auch Aktivitäten wie in den Seilpark gehen, einen Escape Room besuchen, Minigolf spielen, gemeinsam Essen, Schifffahrten, Zoo besuche inkl. Führung usw.

 

Auf deinem Instagram-Profil ivy_spring zeigst du deinen Followern eine junge, aufgestellte Frau, die gerne am Leben teilnimmt. Wie schaffst du es, dich immer wieder zu motivieren?

Das Annehmen dieser Autoimmunerkrankung ist (für mich) ein langer Prozess. Es gibt viele gute Tage und auch ein paar nicht so gute. Ich motiviere mich auf verschiedene Weise:
Yoga-Übungen, Lesen, Musik hören, Freunde und Familie treffen, usw. wichtig ist, dass ich mir sage; ich muss Nichts, sondern ich darf. Soviel wie an dem Tag geht. Ich stehe nicht im Wettbewerb zu anderen. Und ganz wichtig «morgen ist ein neuer Tag».

 

Hast du praktische Tipps, wie man mit Multiple Sklerose besser durch den Alltag kommt?

Jede MS ist eigen, genauso wie die betroffenen Personen es sind. Ich denke eine gesunde Lebenseinstellung und -ansicht bringen viel. Man macht sich viel zu viele Gedanken und Sorgen, obwohl das Loslassen einem gut tun würde. Ich kann auch nur aus meiner Sicht sprechen. Wenn man traurig oder wütend ist, darf man diesen Gefühlen auch Raum lassen, jedoch nicht zu lange.

Ich habe seit der Diagnosestellung eine Psychotherapeutin, mein Glück war, dass sie sehr gut ist. Manchmal brauche ich sie öfters und manchmal selten. Wie das Leben allgemein, ist auch das Leben inkl. Autoimmunerkrankung stets im Wandel und man muss flexibel und anpassungsfähig bleiben – was anstrengend ist. Sich dann einzugestehen, dass man Erholung braucht und sich auch die Auszeiten nimmt, um die Balance wieder zu finden, ist meiner Meinung nach, nicht immer einfach aber ein äußerst wichtiger Faktor.

 

Wie hat die Diagnose MS dein Leben verändert?

Leider wollte ich nie von Ämtern abhängig sein. Mein Leben wollte ich immer selbstbestimmend meistern. Durch die MS habe ich die Kündigung auf der Arbeitsstelle im Frühjahr 2014 erhalten. Ich bin nicht mehr wiedereingliederungsfähig in die Berufswelt. Seit 6 Jahren kämpfe ich mit meinem Anwalt um eine Invalidenrente. Das kostet viel Geduld und Nerven. Daran sieht man auch, wie (unfair) das Sozialsystem im eigenen Land funktioniert.

Durch die MS lernt man, die Dinge anders zu sehen. Man spürt sich mehr (Lernprozess), lebt und macht die Dinge bewusster, man nimmt sich die Erholung, sagt mehr „Nein“ uvm.

 

Therapierst du gerade? Was sind deine Erfahrungen hier?

Vor kurzem habe ich das Tecfidera nach 5 Jahren abgesetzt. Davor hatte ich 2 Jahre Avonex. Bei beiden Medikamenten hatte ich Schübe und bis zum Schluss sehr starke Nebenwirkungen. Nun mache ich eine Pause (alle 3 Monate ein MRI) und werde mich Anfang Sommer mit meinem Arzt absprechen. Ich fühle mich sehr wohl ohne Medikamente.

Nebst der Chemie sind die Physiotherapien und die Yogastunden nicht mehr wegzudenken. Diese gehören zu meinem Leben.

 

Wie geht es dir aktuell?

Der Mensch gewöhnt sich an die Lebenssituation. Mit der bin ich im Moment nicht zufrieden. Das heißt aber nicht, dass ich nicht glücklich bin. Körperlich geht es mir soweit gut. Seit einigen Monaten versuchen die Ärzte eine weitere Autoimmunerkrankung auszuschließen. Im Großen und Ganzen kann ich mich nicht beklagen.

 

Was wünscht du dir in Bezug auf die Krankheit?

Mein Wunsch ist, dass sie sich nicht mehr zeigt. Daher wünsche ich mir ein beschwerdefreies Leben.

 

Schlusswort:

Fazit, Rat an Betroffene, Motto etc.

Der Sinn des Lebens, ist zu leben. (Leider weiß ich nicht von wem das Zitat ist)

 

 

Stand 2020