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Acne inversa: Die Geschichte von Moritz

Bild zur Mut Mach Geschichte von Moritz - Acne Inversa

Name: Moritz
Alter: 31
Diagnose: Akne Inversa im Leistenbereich und unter den Achseln, Diagnose mit 2012 im Alter von 21 Jahren erhalten
Instagram: @acneinversasucks

 

Wie verlief dein Weg von den ersten Symptomen bis zur Diagnosestellung?

Für eine Akne-Inversa-Diagnose verging relativ wenig Zeit von den ersten Symptomen bis zur Diagnosestellung: Irgendwann bekam ich einen sehr schmerzhaften Knoten am Oberschenkel und bin damit zu meiner damaligen Hautärztin gegangen. Die ist ziemlich unprofessionell ausgeflippt und hat mir total Angst gemacht. Ich hätte vielleicht Syphilis und warum ich nicht beim Sex aufpassen würde und so weiter. Sie hatte die Krankheit Akne Inversa zwar auch als Möglichkeit genannt, aber so richtig greifbar war das für mich nicht. Dann hat sie mich zu einer Klinik überwiesen, wo ziemlich direkt herauskam: Es ist Akne Inversa, eine chronisch entzündliche Hauterkrankung.

War dir sofort bewusst, was die Diagnose für dich und deine Familie bedeutet?

Ich hatte damals keine Ahnung, was das für mich bedeuten sollte und ich finde es immer noch krass, wie wenig bekannt die Krankheit ist. Meine Schwester, die Ärztin ist, war aber ziemlich geschockt nach der Diagnose. Ich glaube, mir ist erst nach den heftigeren Schüben und unterschiedlichen Behandlungsversuchen klar geworden, dass ich damit leben muss und die Krankheit nicht einfach verschwindet.

Dein Insta-Account „acneinversasucks“ sagt eigentlich alles: du findest die Krankheit scheiße… Was davon geht dir am meisten auf die Nerven?

Das Schlimmste sind wohl die Schmerzen, wenn ein Schub akut ist. Aber ich glaube, viele Leute verstehen gar nicht, was das über die extrem schmerzhaften Hautstellen hinaus bedeutet. Bei meinen heftigsten Schüben konnte ich kaum noch aufstehen oder die Arme heben. Das geht oft einher mit Fieber und anderen Schwächegefühlen, sodass man oft auch mit kleinen Stellen tagelang fertig im Bett herumliegt. Und man kann dann nicht einfach mal ein Wochenende Self-Care betreiben und ist wieder fit. Lange Krankenhausaufenthalte und Operationen gehören leider dazu.

Welche negativen Dinge sind dir wegen der Akne bereits widerfahren?

Einschränkungen im Alltag vor allen Dingen. Einen Großteil meiner 20er habe ich immer wieder längere Phasen im Bett oder im Krankenhaus verbracht. Das hat sich sowohl auf mein Studium als auch das Privatleben ausgewirkt. Stigmatisierungen aufgrund meiner Narben oder Wunden habe ich tatsächlich noch nie erlebt. Es hat mich aber schon einmal eine Ärztin als unhygienisch bezeichnet, eine häufige Zuschreibung für Betroffene, die aber Quatsch ist und nichts mit Erkrankung zu tun hat. In solchen Momenten fühlt man sich als Betroffener aber dann doch irgendwie schuldig.

Wie stark ist deine Akne inversa ausgeprägt?

Man unterscheidet zwischen drei Stufen. Ich gehöre zur krassesten Ausprägung mit Stadium drei: flächiger Befall mit Abszessen, Fistelgängen und Narbenzügen. Ich habe im Leistenbereich als auch unter den Achseln große Stellen beziehungsweise Narben. Eigentlich überall, wo Haut an Haut liegt oder Reibung entstehen kann.

Hast du schon medizinischen Eingriffen über dich ergehen lassen müssen? Welche haben dir was gebracht? Hättest du dir auch welche sparen können?

Ich wurde insgesamt fünf oder sechsmal operiert. Die ersten OPs in den Leisten waren aber nicht tiefflächig genug, sodass die Krankheit sich dort erneut verbreiten konnte. Meine Achseln wurden zuletzt radikal sehr großflächig operiert und Haut von meinem Knie auf die offenen Wunden transplantiert. Seitdem habe ich zumindest unter den Armen meine Ruhe.

Wie geht es dir aktuell? Therapierst du gerade und nimmst Tabletten, Cremes etc.? Worauf hättest du gern verzichtet und was war wider Erwarten gar nicht so schlimm?

Gerade geht es mir recht gut und ich habe wenige Beschwerden. Seit ein paar Jahren spritze ich mir ein Biologikum, dass die Stärke der Schübe deutlich verringert hat. Dinge wie Zinkpaste oder das übliche Desinfizieren helfen bei akuten Stellen. Ich bin weiterhin regelmäßig in Behandlung und plane eine Laserbehandlung zur permanenten Haarentfernung.

Hast du schon alternative bzw. begleitende Therapiemethoden ausprobiert, die dich bei deinen regulären Behandlungen unterstützen konnten?

Nein, außer die genannten und begleitender Schmerztherapien nicht, aber es werden mehr und mehr Dinge auch wissenschaftlich erforscht und ich hoffe, es kommen in den nächsten Jahren weitere Behandlungsmöglichkeiten dazu. Ich denke, eine gute Ernährung kann auch zu Besserung beitragen.

Wie weit beeinträchtigt dich deine Akne Inversa heute im Alltag?

Vor allem meine Kondition ist beeinträchtigt. Ich suche noch nach dem geeigneten Sport für mich und versuche gerade, regelmäßig schwimmen zu gehen, da dort wenig Reibung der Hautflächen entsteht. Ansonsten passe ich auf, nicht zu enge Kleidung zu tragen und mir genügend Pausen zu gönnen und möglichst stressfrei zu leben.

Hast du hilfreiche Tipps aus deinem Akne-Inversa-Alltag?

Man muss seine Krankheit akzeptieren lernen und sollte in seinem Umfeld offen damit umgehen. Denn oft ist sie gar nicht sichtbar und dennoch eine extreme Belastung. Auf den eigenen Körper hören, klingt bei Akne Inversa ein bisschen höhnisch, aber irgendwann merkt man, wenn ein Schub sich ankündigt und kann versuchen, zumindest etwas entgegen zu wirken. Außerdem ist es wichtig, eine gute Behandlung zu finden und dran zu bleiben, auch wenn man schlechte Erfahrungen mit Ärzt*innen gemacht hat.

Gibt es nicht sogar etwas Positives zur Akne inversa zu sagen?

Ich bin vielleicht noch etwas feinfühliger im Umgang mit Menschen geworden. Ich habe gelernt, dass Schmerzen und belastende Dinge nicht immer direkt sichtbar sind und jeder sein Päckchen zu tragen hat, sei es körperlich, psychisch oder sogar beides.

Was wünschst du dir in Bezug auf deine Haut und die Akne Inversa?

Wenn die starken Schübe weniger werden, bin ich schon zufrieden. Für die Zukunft erhoffe ich mir natürlich weitere Behandlungsmethoden, die den Umgang mit der Krankheit erleichtern. Und ein besser verbreitetes Wissen über die Krankheit bei allen Ärzten in Deutschland wäre sehr hilfreich für alle, die vielleicht noch keine Diagnose erhalten haben.