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Rheuma: Die Folgegeschichte von Matthias

Bild zur Folge-Mut Mach Geschichte von Matthias - Rheuma

Name: Mattias Diener
Diagnose: Periphere Spondyloarthritis
Seit: 2019
Digital Rheuma Lab

Mut-Mach-Geschichte Teil 1

Im ersten Teil deiner Geschichte hast du uns von deiner langen Reise zur Diagnose deiner peripheren Spondyloarthritis erzählt. Wie hat sich dein Leben und deine Einstellung zur Krankheit verändert, seitdem du Gewissheit über deine Diagnose hast?

Ich würde sagen, dass sich mein Umgang mit den Beschwerden seitdem extrem gebessert hat, weil man das Kind beim Namen nennen kann und weiß, worauf man sich einzustellen hat. Das hat den Weg in die Krankheitsakzeptanz deutlich erleichtert. Dass gesundheitlich etwas nicht mit einem stimmt, weiß man ja schon vor Diagnosestellung. Hier fand ich die Ungewissheit am schlimmsten und war entsprechend sehr froh, als ich wusste, womit genau ich es zu tun habe. Außerdem ging in meinem Fall die Diagnose auch mit dem Start einer Therapie einher, die mir seitdem sehr geholfen hat.

Du erwähntest, dass du mit einer guten medikamentösen Einstellung nahezu beschwerdefrei lebst. Könntest du uns etwas mehr darüber erzählen, was dir in den letzten Jahren geholfen hat? Welche Rolle spielt die Basistherapie in deinem Leben? Und hast du auch alternative, ergänzende Wege versucht?

In meinem Fall war es so, dass ich vor der Diagnose nur sehr sporadisch bei Bedarf Kortison oder Schmerzmittel genommen habe, zwischenzeitlich mal eine klassische Basistherapie versucht wurde und ich viel in Sachen Ernährungsumstellung ausprobiert hatte. Das hat aber alles nur sehr bedingt geholfen. Nach der Diagnose wurde ich auf ein Biologikum umgestellt, das war rückblickend ein Gamechanger. Ich habe zwar immer noch hin und wieder meine Weh-Wehchen, Anzahl und Intensität der Schübe ist aber seitdem extrem zurückgegangen und ich habe seitdem nicht mehr oder weniger krankheitsbedingten Ausfall als “gesunde” Menschen.

Die Prognose, die dir damals gestellt wurde, klang sehr positiv. Wie gehst du mit der Zukunft und möglichen Rückfällen oder Verschlechterungen um? Hast du Pläne oder Strategien entwickelt, um deine Gesundheit aufrechtzuerhalten?

Ich denke ein gewisses Risiko, dass auch wieder schlechtere Zeiten kommen, besteht natürlich immer, ich versuche mich damit aber nicht zu stark zu beschäftigen und den Moment mitzunehmen. Ich habe darüber hinaus Berufswahl und Wohnortwahl mittlerweile so ausgestaltet, dass ich hier auch im Falle eines Schubs aktiv bleiben kann, also beispielsweise die Möglichkeit besteht, remote zu arbeiten und im Worst Case ein Arzt vor Ort ist. Außerdem mache ich sehr viel Sport, versuche mich weitestgehend “rheumagerecht” zu ernähren, trinke seit der Diagnose keinen Alkohol mehr und rauche nicht. Ich würde generell sagen, dass ich um einiges ruhiger und achtsamer lebe, als es vorher der Fall war.

Du hast auch deine Anpassungen im Alltag und deiner Lebensweise erwähnt, einschließlich Ernährung, Sport und Schlaf. Wie wichtig sind diese Aspekte für dein Wohlbefinden? Gibt es bestimmte Ratschläge, die du anderen Patienten geben möchtest?

Ich glaube, dass insbesondere Schlaf essenziell ist und schon etwas ist, was bei mir eine sehr hohe Priorität hat. Das versuche ich mir auch in der Freizeitgestaltung wie etwa am Wochenende einfach rauszunehmen und kann auch mal sein, dass ich, wenn mir danach ist, einen kompletten Samstag im Bett verbringe. Ansonsten ist Sport etwas, was mir vor allem eine gewisse Zufriedenheit bringt und einfach insgesamt das Gefühl gibt, “fit” zu sein und sich im eigenen Körper wohlzufühlen. Eine Anpassung der Ernährung ist mir ehrlicherweise am schwersten gefallen, weil ich einfach gerne esse, hier versuche ich so gut es geht auf Ausgewogenheit zu achten, was ich aber nicht immer durchziehe. Tipps finde ich immer schwierig, weil jeder unterschiedlich ist, aber was sich bei mir bewährt hat: Schlaf an erste Stelle, geduldig sein bei der Suche nach einer passenden Sportart (hat bei mir lange gedauert, macht aber inzwischen viel Spaß) und Ernährung mit Augenmaß, sich also auch mal etwas gönnen, solange es in Maßen ist.

In deinem ersten Teil hast du betont, wie wichtig der Kontakt zu anderen PatientInnen und der offene Austausch für dich geworden sind. Kannst du uns mehr darüber erzählen, wie du anderen Betroffenen hilfst und welche Rolle das Digital Rheuma Lab in diesem Kontext spielt?

Mit Digital Rheuma Lab hatte ich ursprünglich mal den Gedanken, einen Social Media Account über digitale Produkte in der Rheumatologie als eine Art Hobby zu betreiben, weil ich das Thema spannend fand und ich finde, dass hier in Sachen Aufmerksamkeit für solche Produkte Nachholbedarf besteht. Inzwischen ist hieraus mit Ups und Downs eine beachtliche Online-Community und eine kleine Firma entstanden. Im Lauf der Zeit hat sich durch sehr, sehr viele Gespräche mit anderen Patienten herauskristallisiert, dass Betroffene oft nicht wirklich über ihre Erkrankung aufgeklärt sind und sich allein gelassen fühlen, von vielen Hilfsmöglichkeiten, wie etwa Apps oder sonstigen Services, die ihr Leben einfacher machen würden, gar nichts wissen und nur unzureichend in die Entwicklung von neuen Angeboten mit eingebunden werden. Als Antwort hierauf haben wir gemeinsam mit Rheumatologen und Selbsthilfevertretern Schulungskurse für die Rheumatologie entwickelt, kooperieren mit verschiedenen Herstellern zur Bekanntmachung ihrer Lösungen, sofern wir sie für gut befinden und den Patientennutzen im Vordergrund sehen, und unterstützen bei der Einbindung von Rheuma-Patienten in Forschungsprojekte und die Entwicklung neuer Therapien und Angebote zur Therapiebegleitung.

Du hast seit dem letzten Interview dein Studium abgeschlossen und Digital Rheuma Lab als Firma ausgegründet. Welche Pläne hast du für die Zukunft? Gibt es berufliche oder persönliche Ziele, die du erreichen möchtest?

Das ist eine gute Frage. Bezogen auf Digital Rheuma Lab habe ich schon das Ziel, mit dem Projekt die Digitalisierung in der Rheumatologie mitzugestalten und hier ganz klar die Patientenperspektive hervorzuheben. Ein Zielbild ist da sicherlich, dass es in 5-10 Jahren ganz normal ist, dass Betroffene ihre Erkrankung verstehen und im Austausch untereinander sind, ärztliche Sprechstunden Online stattfinden können, die Nutzung von Gesundheitsapps etwas Normales ist und Betroffene sich, wenn sie das möchten, ihre Medikamente Online nach Hause bestellen zu können, statt mit dem Papierrezept in der Hand von a nach b zu laufen. Das sind alles Dinge, die schon heute möglich wären, aber bislang leider nur unzureichend bei den Betroffenen ankommen. Persönlich steht da vor allem im Fokus, möglichst fit und gut gelaunt zu bleiben.

Abschließend: Welche Schlussworte oder Ratschläge würdest du anderen Menschen mit ähnlichen Herausforderungen und chronischen Erkrankungen geben, basierend auf deinen eigenen Erfahrungen und deinem Lebensweg?

Ich finde es immer schwierig, Tipps zu geben, weil jeder individuell ist, aber mir haben zwei Dinge sehr geholfen. Akzeptanz und Realismus. Ich hatte bereits Jahre vor der Diagnose Beschwerden und habe das immer etwas verdrängt, habe also vermieden, den Kontakt zu anderen Betroffenen zu suchen und weitergelebt, als wäre nichts, was natürlich ab einem bestimmten Punkt nicht mehr geht. Da kann ich rückblickend sagen: Der wichtigste Schritt war, die Krankheit bewusst zu akzeptieren und sie in die Lebensgestaltung zu integrieren. Das hat bei mir eigentlich auf allen Ebenen alles erleichtert und ich habe mittlerweile das Gefühl, nicht viel schlechter zu leben als vor Beginn der Probleme, auch wenn ich immer mal wieder auf Dinge verzichten muss, die mir vorher wichtig waren. Und Realismus heißt in dem Kontext, einfach ehrlich mit sich selbst zu sein und zu überlegen: Was geht wirklich, was geht nicht? Das kann in beide Richtungen gehen: Also sowohl Sachen lieber sein lassen, von denen man weiß, dass es mit der Erkrankung vielleicht nicht die beste Idee ist, als auch Sachen, bei denen man die Krankheit vielleicht etwas als Vorwand nimmt, um sich zu drücken, trotzdem machen.