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Schuppenflechte: Die Geschichte von Isabell

Mut-Mach-Geschichte von Isabell - Schuppenflechte

Name: Isabell Ulitzka
Alter: gefühlt 21 😉 in Wirklichkeit 31
Diagnose: Selbstdiagnose 2008 (weil in der Familie auch Psoriasis vorkommt) Diagnose Arzt ca. 2014

Interview:

Wie verlief dein Weg von den ersten Symptomen bis zur Diagnosestellung? Gab es Stolpersteine bis zur Diagnose?
Ich habe zu Beginn lange nicht gewusst, was ich überhaupt hatte. Erst dachte ich, es sind ein paar Stellen, wo ich mich mal irgendwo gestoßen habe. Doch als es immer häufiger und an mehreren Stellen vorkam, wurde ich stutzig. Ich ging zur Hautärztin, aber wirklich helfen konnte sie mir nicht. Viele Cremes, Lotions und Therapien später wechselte ich die Hautärztin und bekam immerhin versprechendere Therapien. Lindern konnten die meine Psoriasis dennoch nicht.

Erinnerst du dich an den Moment, an dem du deine Psoriasis- bzw. Psoriasis-Arthritis-Diagnose erhalten hast? Wie hat es sich angefühlt?
Ich hatte meine Psoriasis erstmal im Griff – zumindest so, dass ich damit leben konnte. Aber glücklich war ich nicht. Eine große Stütze war immer mein Mann. 2018 wurde unser Sohn geboren. Wir waren überglücklich, aber keiner rechnete damit, was kommen sollte. Meine Psoriasis brach richtig schlimm aus. Dann, als unser Sohn etwas über ein Jahr alt war, schwoll erst das eine und kurze Zeit später das andere Knie dick an. Ich konnte damit nichts anfangen und dachte, es sei vom Tragen unseres Sohnes. Als es aber immer schlimmer wurde und ich mich kaum noch bewegen konnte, ging ich zum Hausarzt, der mich zum Orthopäden schickte. Hier bekam ich mehrmals eine Spritze direkt ins Knie, aber da es immer wieder zurückkam, überwies er mich zu einem Rheumatologen. Der Orthopäde vermutete, dass es von der Psoriasis ausgelöst wird. Und er sollte recht behalten. Mein Rheumatologe, bei dem ich seit 2019 bin, verschrieb mir Tabletten und nach ein paar Wochen war es viel besser. Wir reduzierten die Tabletten dann Stück für Stück, aber es wurde wieder schlimmer. Er meinte dann zu mir, dass es so nicht weitergehen kann und überwies mich zu einer sehr guten Hautärztin. Ich nahm zwar einige Dinge, die mir wirklich gut halfen, aber ganz weg bekam ich es leider dennoch nie. Die Hautärztin empfahl mir ein Biologika. Dieses nehme ich nun seit November 2022 und ich bin seitdem erscheinungsfrei. An kalten Tagen tun mir mal die Knie etwas weg, aber die Psoriasis ist komplett weg.

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War dir sofort bewusst, was die Diagnose für dich und deine Familie bedeutet?
Früher hat mich das Thema Psoriasis sehr mitgenommen. Ich habe mich geschämt und dachte, alle finden mich eklig. Diese Angst hat mir mein Mann dann 2013 genommen als wir zusammengekommen sind. Er hat mich so toll gefunden wie ich bin – auch mit den komischen Hautstellen. Da ich Psoriasis ja auch im Intimbereich habe, war das natürlich für mich immer eine große Hemmschwelle, aber ihn hat es gar nicht gestört. Ich habe mich dann mit der Psoriasis abgefunden und sie akzeptiert. Aber die Diagnose von Psoriasis Arthritis 2019 war natürlich dann noch einmal ein herber Rückschlag. Ein entscheidender Punkt, weswegen ich damals auch zum Arzt gegangen bin, war, dass mein Sohn über eine Straße rannte und ich durch meine geschwollenen Knie nicht hinterherrennen konnte. Es ist nichts passiert, aber es hätte auch ganz anders ausgehen können. Das war für mich besonders schlimm. Wie soll sich denn eine Mama um ihr Kind kümmern können, wenn sie sich kaum bewegen kann? Mir gingen damals wieder viele Zweifel durch den Kopf. Ich wusste nicht wie es weitergehen sollte.

Wie weit ist deine Psoriasis- bzw. Psoriasis-Arthritis-Diagnose bereits fortgeschritten?
Ich hoffe jetzt am Ziel angekommen zu sein. Ein kleiner Traum von mir wäre noch, dass ich irgendwann ohne Medikamente mit der Psoriasis leben kann und keine Depressionen mehr bekomme.

Wie stark behindert dich die Krankheit im Alltag?
Früher, besonders als ich die Probleme mit den Knien hatte, hat mich das alles natürlich sehr eingeschränkt. Mir hat aber sehr geholfen mich mit den Themen Selbstliebe und Achtsamkeit zu beschäftigen und dadurch konnte ich lernen, mich und die Erkrankung zu akzeptieren. Mittlerweile behindert mich die Krankheit fast gar nicht mehr. Ich bin fast erscheinungsfrei bis auf das mir ab und an bei kaltem Wetter die Knie etwas steif vorkommen.

Wie stark schränkt die Krankheit deinen Mann und deine Kinder und eure gemeinsame Zeit ein?
Aktuell zum Glück fast gar nicht. Ich habe nur ab und an noch leichte Depressionen als Nebenwirkung der Psoriasis, aber dank einiger Dinge, die ich mir selbst angeeignet habe, kann ich ganz gut damit umgehen. Ich glaube mich selbst beeinträchtigt es auch als einzige. Meine Familie und auch Freunde akzeptieren mich, egal ob mit Schuppen am ganzen Körper oder ohne.

Was war zuerst da, Psoriasis- bzw. Psoriasis-Arthritis oder die Depression?
Als erstes kam ca. 2008 die Psoriasis – vor allem auf der Kopfhaut. Als ich Ende 2017 schwanger wurde brach meine Depression sehr stark aus und als Schlusslicht kam 2019 die Psoriasis Arthritis dazu.

Erkennst du einen Zusammenhang zwischen den beiden Krankheiten?
Ich denke das vor allem die Psoriasis die Depression ausgelöst hat. Die ständigen Selbstzweifel und der Stress, der damit einhergeht, haben mich immer sehr fertig gemacht und ich denke, es war nur eine Frage der Zeit, bis mein Körper laut um Hilfe ruft.

Auf eurem Instagram-Kanal @isabellundfrank macht ihr euch stark dafür, dass Menschen sich mehr schätzen und achtsamer mit sich umgehen sollen. Wie setzt du das in Bezug auf deine Erkrankung um?
Ich finde es sehr wichtig, dass man zuerst sich selbst lieben lernt – ob mit oder ohne Erkrankung – bevor man andere richtig lieben kann. Ich finde es wichtig, dass Menschen sich gegenseitig akzeptieren wie sie sind. Und dabei soll es eben keine Rolle spielen, ob man eine Erkrankung hat oder nicht. Ich finde auch, man sollte viel offener über solche Probleme sprechen. Es war erschreckend, als ich anfing offener darüber zu reden, wie viele andere ähnliche Probleme haben. Früher dachte ich, ich bin im Umkreis die einzige mit solchen Problemen. Mittlerweile weiß ich, dass zum Beispiel fast jede zweite Person an einer Hautkrankheit leidet. Ist doch irgendwie erschreckend, dass aber keiner darüber spricht? Vielleicht müssen diese vielen Menschen sich erst selbst akzeptieren? Hier spielt Achtsamkeit und Selbstliebe eine große Rolle. Es wichtig, achtsam mit sich umzugehen, denn wenn wir uns und unsere Umwelt richtig wahrnehmen, stellen wir schnell fest, dass wir eben nicht die Einzigen sind. Wir können Dinge ganz anders wahrnehmen und Situationen besser einschätzen. Wir setzen uns so auch weniger unter Druck. Und das Thema Selbstliebe hilft uns, dass wir uns und unseren Körper so akzeptieren können wie er ist. Dass wir auf unseren Körper hören können und seine Signale nicht übersehen. Außerdem kann es uns helfen, dass wir uns weniger stressen. Das alles sind, meiner Meinung nach, viele Punkte die in die Erkrankungen mit reinspielen. Besonders bei Psoriasis spiel Stress eine große Rolle. Bei Depressionen fehlt es uns oft an Selbstliebe.

Bist du immer achtsam genug mit dir oder gibt es Zeiten, in denen du auch mal schluderst?
Es gibt auf jeden Fall Zeiten, in denen auch ich schludere, aber das ist völlig ok. Wir müssen den Moment akzeptieren und schätzen. Und wenn gerade an einem Tag mein Plan nicht ganz aufgeht, ist es in Ordnung, weil ich dafür vielleicht andere tolle Aufgaben habe. Wichtig ist auch, dass wir das große Ganze sehen. Ich ärgere mich nicht mehr darüber, falls ich mal an einem Tag zum Beispiel nicht meditiere oder Sport mache, denn dafür habe ich vielleicht die restlichen Tage der Woche das schon super hinbekommen. Und das ist es für mich, was zählt. Sich nicht jeden Tag unter Druck zu setzen, sondern einen größeren Zeitraum zu betrachten und festzustellen, dass man das doch eigentlich schon sehr gut macht. Wenn ich vor allem mal wieder in einem tiefen Loch sitze, nehme ich mir meinem Stressless-Guide zur Hand. Hier habe ich ein Stresstagebuch inkludiert. Das gehe ich dann 1-2 Wochen durch (wenn man es das erste Mal macht, sollte man es schon eher so 3-4 Wochen nutzen), um meine Ursachen zu finden und meinen Alltag wieder in die richtige Bahn zu rücken.

Bitte gebt uns ein paar konkrete Tipps zu den Erkrankungen:
– Wie bekommt man mehr Achtsamkeit in seinen Tagesablauf und was hilft einem das?
Hier, finde ich, ist es super wichtig erst einmal zu schauen, was man denn vielleicht schon in dem Bereich tut. Manchmal sind wir schon sehr achtsam und sind uns dessen nur nicht bewusst. Hier würde ich für den Anfang zwei Arten von Tagebuch führen. In das eine Tagebuch notiert man sich erst einmal, was man bisher immer so an achtsamen Dingen am Tag tut. Man sollte sich damit auseinandersetzen, was überhaupt achtsame Tätigkeiten und Dinge sein können. Im zweiten Buch würde ich den Tagesablauf verfolgen. Vielleicht scrollt man früh erstmal 30min durch Social Media oder schaut abends 3 Stunden Netflix? Das wären gute Momente, um sich etwas Zeit für die Achtsamkeit zu nehmen. Oder kennt ihr das, wenn ihr Zähne putzt und schon wieder über 100 andere Dinge nachdenkt? Hier könnte man sich einfach mal selbst im Spiegel anschauen. Grins dich einfach mal selbst an. Mach eine lustige Grimasse und du wirst sehen, dass du den Moment viel besser wahrnimmst und vielleicht sogar mit guter Laune weitergehst. So kannst du Tag für Tag entspannter mit deinem Alltag umgehen und ziehst mehr positive Energie in dein Leben.

Was hilft gut bei Psoriasis- bzw. Psoriasis-Arthritis, um den Alltag besser zu überstehen
Auf jeden Fall sich selbst akzeptieren. Sich selbst lieben. Sich bewusst machen, dass man nicht allein ist. Sucht euch liebe Menschen, die euch unterstützen und für euch da sind oder Menschen die ähnliche Leidenswege wie ihr durch haben und verbannt Energiefresser (Menschen die euch nur runterziehen und negative Energie bringen) aus eurem Leben.

Was hilft dir, Isabell, am besten, bei einem depressiven Schub?
Das ist tatsächlich immer etwas unterschiedlich. Ich schaue als erstes, warum ich gerade wieder einen depressiven Schub haben könnte. Dann versuche ich, genau dafür Lösungen zu finden. Bei meinem letzten Schub war Selbstfürsorge zum Beispiel mein Problem. Ich habe nur noch funktioniert und nichts für mich getan. Dem habe ich Abhilfe geschaffen, indem ich jetzt alle zwei Wochen zum Töpfern gehe – übrigens etwas sehr Gutes, um runterzukommen und sich auf den Moment zu konzentrieren. Außerdem war ich sehr unzufrieden mit meinem Körper und ich habe mir nun angewöhnt, jeden Morgen zehn Minuten Sport zu machen. Ja es sind nur zehn Minuten, aber lieber jeden Tag zehn Minuten als gar nicht. Da ich den ganzen Tag im Büro sitze, hat mir das sogar am meisten geholfen. Generell bei vielen Problemen ist es wichtig, sich erst einmal die Ursachen anzuschauen, was löst das Problem aus oder wodurch wird es verschlimmert. Im zweiten Schritt kann man dann schauen, welche Lösungen das vielleicht verbessern oder komplett verhindern können.

Wie kann der Partner/ die Partnerin bei einem depressiven Schub seine/r Liebste/n unterstützen?
Vor allem die Laune des Partners nicht persönlich nehmen. Ich weiß, dass ist sehr schwer. Bei uns hat mein erster Schub fast zur Trennung geführt. Aber zusammen schafft das jeder. Wichtig ist, dass man dem Partner aufmerksam zuhört. Nachfragen, warum er sich gerade so fühlt. Versuchen gemeinsam Lösungen zu finden. Einfach zusammen stark sein.

Was ist eure Motivation, euer Leben auf eurem Insta-Kanal @isabellundfrank mit anderen zu teilen?
Meine Motivation ist es, anderen Menschen zu zeigen, dass sie nicht allein sind und ich möchte Lösungsansätze liefern mit denen sie besser durch den Alltag finden können.

Ihr reist ja sehr viel. Gibt es Reiseziele, die besonders gut für Psoriasis- bzw. Psoriasis-Arthritis-Betroffene oder Depressive sind?
Ich finde, dass grundsätzlich Urlaub bei beiden Erkrankungen sehr guttut, weil man einfach mal aus dem Alltag rauskommt und zur Ruhe finden kann. Besonders gut hilft mir aber immer Urlaub am Meer. Das Salzwasser und die salzige Luft lindern die Stellen auf der Haut sehr gut bei mir und die Ruhe am Meer besänftigt, wenn ich gerade einen habe, meinen depressiven Schub. Ich kann mich am Meer immer sehr gut wieder erden und finde meine innere Mitte wieder.

Wie geht es dir/euch aktuell? Therapierst du deine Psoriasis- bzw. Psoriasis-Arthritis gerade?
Ich bekomme aktuell alle drei Monate eine Spritze Biologika und versuche parallel auf meine Ernährung und Stressreduktion zu achten. Meiner Meinung nach, spielt Stress bei vielen Erkrankungen eine große Rolle, daher beschäftige ich mich damit aktuell am meisten.

Hast du Erfahrungen, die du aus deinen Therapien berichten kannst? Halfen dir einige Medikamente besser als andere?
Mir persönlich haben fast alle Lotions und Cremes nicht geholfen. Ein Schaum gab es mal, der war mega, aber der wurde leider vom Markt genommen. Danach habe ich noch Lichttherapie und diverse Shampoos probiert, die mir aber nicht geholfen haben. Richtig gut hat erst meine Ernährungsumstellung, Stressreduktion, eine Salzdusche von shower+ und Balea Produkte geholfen. Außerdem konnten MTX-Tabletten die Psoriasis und die Knie-Probleme sehr gut lindern und nun mit dem Biologika ist es komplett verschwunden.

Hast du schon alternative bzw. begleitende Therapiemethoden ausprobiert, die dich bei deinen regulären Behandlungen unterstützen konnten?
Dazu zählen auf jeden Fall die Ernährungsumstellung und Stressreduktion. Man glaubt gar nicht, wie viel Stress man eigentlich tagtäglich hat und wie dieser sich auf uns auswirkt ohne dass wir es wahrnehmen. Hier spielt wieder Achtsamkeit, Selbstreflektion und Selbstliebe eine große Rolle. Ich finde das macht so viel mit uns. Außerdem schwöre ich auf chinesische Heilmethoden. Ich schreibe aktuell auch an diversen Lösungswegen, die ich später auch als Guides veröffentlichen möchte. Ich habe so lange gebraucht um diese Lösungswege zu entdecken und das richtige für mich zu finden. Das möchte ich gerne anderen erleichtern und daher mein Wissen weitergeben.

Was wünscht du dir in Bezug auf deine Psoriasis- bzw. Psoriasis-Arthritis und Depressionen?
Ich wünsche mir für alle, dass offen darüber gesprochen wird und Betroffene ernst genommen werden. Ich habe so oft gehört, dass Menschen gesagt haben, dass es doch NUR eine Hauterkrankung ist oder das Depressionen doch nur Menschen haben, die mit ihrem Leben nicht klarkommen. Aber das stimmt alles nicht. Tatsächlich habe ich Depressionen früher auch nicht ernst genommen. Ich finde hier sollte noch viel mehr Aufklärung stattfinden! Und das am besten bereits schon in der Schule.
Für mich persönlich wünsche ich mir, dass ich möglichst viele Menschen erreichen, aufklären und ihnen helfen kann. Das ist eines meiner Lebensziele.

Dein Schlusswort: Glaube an dich selbst! Denn wenn du an dich glaubst kannst du alles schaffen!