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Sjögren-Syndrom: Die Geschichte von Mandy

Bild zur Mut Mach Geschichte von Mandi - Sjögren-Syndrom

Name: Mandy Fleer
Alter: 27
Diagnose: : Sjögren-Syndrom/ 2023

Deine Sjögren-Syndrom Diagnose ist noch ziemlich frisch. Wie verlief es mit den Symptomen bis zu den Diagnosestellung? Gab es Komplikationen?
Ich hatte schon seit Jahren immer wieder Schmerzen im Handgelenk, die zuletzt immer stärker geworden sind. Mein erster Orthopäde hat mir nur eine neue Bandage verschrie-ben und meinte, man könne nichts tun, weil er sich nicht erklären könne, wo die Schmerzen herkommen. Zum Glück habe ich mich von einer Kollegin davon überzeugen lassen, mir noch woanders eine Zweitmeinung einzuholen. Der hat mich und meine Symptome ernst genommen und wollte auch eine Ursache finden. Der darauffolgende Bluttest war dann mit hohen ANA-Werten auffällig und ich habe eine Überweisung zum Rheumatologen bekommen. Ich habe dann auch recht zeitnah einen Termin hier in der Rheumaambulanz bekommen und kurze Zeit später dann die Diagnose.

Wie war der Moment der Diagnose? Wie hat er sich für dich angefühlt?
Ich war irgendwie überfordert, weil so viele verschiedene Gefühle in mir waren. Angst, was das für mein Leben bedeutet. Erleichterung, jetzt schwarz auf weiß zu haben, dass ich wirklich krank bin. Klarheit über diverse Symptome, die ich vorher nicht einordnen konnte. Hoffnung, dass es mit Medikamenten besser werden kann. Und Überforderung wegen den ganzen weiteren Arzttermine, die ich ausmachen musste.

War dir gleich bewußt, was das Sjögren-Syndrom ist und was es für dich bedeutet?
Vom Sjögren-Syndrom habe ich vorher noch nie gehört – das ist mir zwar bei meinen Rheumadiagnosen-Google-Nächten mal begegnet, aber ich hatte mich nicht näher damit beschäftigt, weil ich nicht gedacht hätte, dass das meine Diagnose sein könnte.

Die rheumatische Erkrankung ist nicht sehr bekannt. Kannst du kurz umreißen, was die klassischen Symptome sind und wie der Krankheitsverlauf beschrieben wird?
Als klassische Symptome werden immer vor allem trockene Augen und Mundtrockenheit genannt. Sjögren greift vor allem die Drüsen an. Bei mir sind zum Beispiel schon die Speicheldrüsen kaputt; Tränenflüssigkeit habe ich aber (bisher) noch genug und merke nichts von trockenen Augen. Da das Sjögren-Syndrom eine systemische Erkrankung ist, kann es auch den ganzen Körper angreifen. Oft gehören vor allem auch Gelenkschmerzen und Fatigue dazu – das finde ich momentan mit am belastendsten.

Therapierst du gerade wegen des Sjögren-Syndroms und nimmst Medikament? Welche Erfahrungen hast du bereits mit der Therapie gemacht?
Ich nehme jetzt seit 11 Wochen Hydroxychloroquin und warte noch darauf, dass es wirkt. Es ist ja leider eine große Geduldsprobe, auf die Wirkung von Rheuma-Medikamenten zu warten. Bisher merke ich noch keine Besserung, aber mein Rheumatologe meinte auch, dass es bis zu 6 Monaten dauern kann, bis man eine wirklich Besserung merkt. Ich werde mich also weiterhin in Geduld üben.

Du leidest auch an einer sozialen Angststörung. Wie äußert sich diese und welche Therapien hast du hier bereits hinter dir? Hast du auch alternative Heilmethoden ausprobiert, die dich bei den regulären Behandlungen unterstützen sollen? Was funktionierte da für dich und was nicht?
Meine soziale Angststörung begleitet mich gefühlt schon mein ganzes Leben. Jegliche soziale Situationen stellen für mich eine Herausforderung dar, weil ich immer Angst habe, dass Andere irgendwas schlechtes von mir denken könnten. Dadurch ist es z.B. schwierig für mich, beim Bäcker oder im Restaurant was zu bestellen, zu telefonieren, aber teilweise auch, mich mit Freund*innen zu treffen. Ich habe bereits mehrere Psycho-therapien gemacht und bin auch aktuell in Therapie. Alternative Heilmethoden habe ich noch nicht wirklich ausprobiert – ich bin dabei auch immer etwas überfordert mit der Masse an Angeboten und damit zu wissen, was seriös und gut ist.

Hat die neue Sjögren-Syndrom Diagnose dich seelisch aus der Bahn geworfen und deine soziale Angststörung befeuert oder konntest du dich ganz gut wieder einfangen?
Ich habe das Gefühl, dass ich nach der Diagnose erst mal in einem Funktionieren-Modus war und dadurch dann auch gar nicht wirklich viel gefühlt habe. In Zusammenhang mit der sozialen Angststörung hat das aber viele große Herausforderungen mit sich gebracht: viel Arztpraxen abtelefonieren müssen, regelmäßige Arzttermine bei zum Teil mir bisher unbekannten Ärzt*innen, eigene Bedürfnisse und Einschränkungen kommunizieren zu müssen, usw.

Bist du ängstlich, was deine Zukunft betrifft, wenn du an das Sjögren-Syndrom denkst?
Ja, voll. Ich mache mir sehr viele Gedanken darüber, wie sich das wohl in Zukunft entwickeln wird, ob das Medikament irgendwann wirken wird und was überhaupt alles so wird. Ich neige leider eh dazu, mir viel zu viele Gedanken zu machen und mir dann auch immer die schlimmsten Sachen auszumalen.

Du bist auf Insta unter dem Namen @mutsammlerin zu finden. Dein Blog heißt genauso: mutsammlerin.de. Was in deinem Leben lässt dich am meisten Mut sammeln?
Mir gibt vor allem Mut, wenn ich mich an vergangene kleine und große Mutmomente er-innere und mir bewusst mache, was ich schon alles geschafft habe. Ich habe in den letz-ten Jahren auch gemerkt, dass es mir leichter fällt, mutig zu sein, wenn mir Dinge sehr wichtig sind. Und aus dem Austausch mit anderen kann ich auch oft Mut schöpfen.

Wann hast du dich entschieden, online zu gehen mit deiner Diagnose Angststörung? Hast du online nur positive Dinge erlebt oder kommt dir auch Hass und Unverständnis entgegen? Wie gehst mit den negativen Kommentaren um? Wie schützt du deine Psyche?
Mein Leben mit der Angststörung teile ich jetzt schon seit einigen Jahren auf Instagram. Den Austausch mit anderen und dabei zu merken, dass man nicht alleine ist mit seinen Sorgen und Ängsten, tut mir immer gut und daraus sind für mich auch schon wertvolle Freundschaften im echten Leben entstanden. Negative Kommentare bekomme ich zum Glück nicht so oft – ich merke aber auch, dass wenn doch mal einer kommt, er mich mehr beschäftigt als es sein sollte. Da hilft es mir dann auch meistens, mit lieben Menschen darüber zu sprechen und mich daran zu erinnern, welche Meinung für mich wirklich wichtig ist.

Was kannst du an deinen Krankheiten am wenigsten leiden?
An der Angststörung die ständige Präsenz und dass sie mich nicht einfach mal eine Zeit lang in Ruhe lässt. Und an meinem Rheuma vor allem die Unplanbarkeit. Nie zu wissen, wie stark die Schmerzen und die Fatigue am nächsten Tag sein wird, geschweige denn in einer Woche.

Was wünscht du dir in Bezug auf dein Sjögren-Syndrom und deine Angststörung?
Für mich selbst wünsche ich mir, dass ich lerne, mit den Erkrankungen umzugehen und dass es mir dann irgendwann leichter fällt, meine Grenzen zu akzeptieren. Und insgesamt wünsche ich mir, dass unsichtbare Erkrankungen in der Gesellschaft mehr ernst genommen werden.

Schlusswort:
Sammelt kleine und große Mutmomente; erinnert euch immer wieder an sie und schöpft daraus Kraft.