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Neurodermitis: Die Geschichte von Laura Teil 2

Neurodermitis: Lauras Mut-Mach-Geschichte Teil 2

Interviewfragen von NIK e.V. an Laura von kratzen_bis_es_blutet

Du hast schon immer Neurodermitis, aber erst seit deinem jungen Erwachsenenleben ist es richtig schlimm und beeinträchtigt dich körperlich und seelisch.

Vor allem Stress triggert dich und löst Schübe aus, hast du uns in deiner Mut mach Geschichte erzählt. Vor ein paar Jahren hattest du die Möglichkeit, dich einer Systemtherapie, also einer Behandlung mit Biologika zu unterziehen oder einer klinischen Studie zu einem neuen Medikament mitzumachen. Kannst du uns im ersten Schritt erläutern, was eigentlich der Unterschied zwischen den beiden Therapieformen ist/war?

Beide Medikamente sind für eine Systemtherapie gedacht. Biologika wirken auf bestimmte Proteine, die Interleukine, als Blocker. Das Studienmedikament hatte Auswirkungen auf die proinflammatorische Signalkaskade. Dadurch kommt es zur Hemmung der Enzyme und soll bestimmte Zytokine verhindern.
Wichtig zu wissen! Das Biologikum ist bereits auf dem Markt verfügbar, während das Medikament aus der Studie noch in der Erforschung steckt.

Du hast dich für die klinische Studie und gegen die Behandlung mit Biologika entschieden. Was waren die ausschlaggebenden Punkte bei deiner Wahl für die Studie?

Das Studienmedikament kam in Tablettenform und nicht als Spritze, was ich deutlich reizvoller fand. Ich verzichte gerne auf Spritzen, wenn es geht. Ebenso sollten die möglichen Nebenwirkungen angenehmer sein.

Wie bist du auf die Studie aufmerksam geworden?

Ich habe damals etwa 4 Tage wegen der Haut stationär in dem Klinikum gelegen und als ich die Website durchstöbert habe, bin ich durch Zufall auf die laufenden Studien aufmerksam geworden.

Woher hast du deine Informationen erhalten, um eine für dich passende Entscheidungen zu treffen?

Ich habe zu dem Zeitpunkt schon ein großes fachliches Wissen über die Neurodermits gehabt. Speziell wegen der Studie habe ich im Internet recherchiert, aber vor allem direkt mit den Ärzten gesprochen und mir auch immer die medizinischen Hintergründe erklären lassen. Zusätzlich habe ich dann Fachbeiträge durchgelesen. Aber vor allem die Studienärzte haben mir alles genau erklärt und mir andere Therapieformen mit Vor- und Nachteilen geschildert.

Gab es bestimmte Kriterien, damit du an der Studie teilnehmen konntest?

Das ist von Studie zu Studie immer unterschiedlich. Im meinem Fall musste über 18 Jahre alt sein, durfte nicht schwanger sein oder Stillen und das auch nicht die nächsten 2 Jahre vorhaben. In der ersten Studie durfte ich vorab noch nicht mit einem Biologikum therapiert worden sein. Außerdem musste 2 Jahre Neurodermitis in mittel bis schwerer Form gehabt haben.

Hat dich ein Arzt bei deiner Entscheidung pro oder contra Studie oder Systemtherapie unterstützt?

Ja besonders die Studienärzte waren sehr zuvorkommend und haben mir alle Möglichkeiten aufgezeigt.

Wurdest du während der Medikamentenstudie ärztlich eng begleitet? Wurdest du auch psychologisch betreut?

Oh ja und zwar sehr oft. Je nach Studie gibt es Visiten, die auch zeitlich mal länger und mal kürzer sind. Manchmal hat man nur ein Arztgespräch mit Hautbeschauung und bekommt die nächsten Tabletten. Und manchmal bekommt man das volle Programm mit Urinprobe, Gewicht und Größenmessung, Blutabnahme, Blutdruckmessung und EKG-Schreibung. Parallel wird zu Hause ein elektronisches Tagebuch ausgefüllt. Mit Fragen zum Beispiel über den Schlaf, den Juckreiz, den Hautzustand, ob man die Medikamente eingenommen hat oder wie es um das allgemeine Wohlbefinden bestellt ist.
Gezielt psychologisch wurde ich nicht behandelt, aber die Studienärzte hatten immer ein offenes Ohr für mich.

Hattest du Nebenwirkungen? Welche?

Ich hatte nur, wenn ich nach Einnahme der Tablette im Bett liegen geblieben bin, Kopfschmerzen. Diese sind aber auch schnell wieder verschwunden.

Hast du anderen Studien-Teilnehmender kennengelernt?

Ich habe leider in der ersten Studie niemanden kennengelernt. Aber in der zweiten Studie ist aktuell eine weitere Person, mit der ich mich wirklich gerne austausche.

Warst du einer der beiden Therapien gegenüber „kritischer“ als der anderen? Warum war da so?
Ich war keiner der Therapieformen kritisch gegenüber. Nur alle zwei Wochen sich selbst spritzen zu müssen, fand ich nicht so toll.

Du nimmst gerade wieder an einer Studie teil. Warum hast du dich erneut für eine Studie entschieden?

Die erste Studie wurde leider frühzeitig beendet. Den Grund habe ich bis heute leider nicht erfahren. Was schade ist, denn das Medikament hat mir wirklich gut geholfen. Nach der Beendigung habe ich versucht zu mindest auf Kortison zu verzichten, was sehr schwer war. Nachdem sich die Haut erst verbessert hatte, wurde es in der Pollenzeit wieder sehr schlimm und ich habe das Biologikum bekommen. Dieses hatte bei mir leider starke Nebenwirkungen im Augenbereich. Somit gab es wieder nur die Möglichkeit Ciclosporin einzunehmen oder wieder an einer Studie teilzunehmen. Da aber Cislosporin Auswirkungen auf die Nieren haben kann, entschied ich mich für die Studie.

Wie geht es dir aktuell? Als Studienteilnehmer:in weiß man ja nicht, ob man das Medikament oder ein Placebo erhält. Ahnst du etwas? In welcher Phase bist du?

Eine Studie wird in 5 Phasen unterteilt. Die aktuelle Studie befindet sich in Phase 3 und ich glaube ich habe keinen Placebo. Denn bereits nach ein paar Tagen verschwand der Juckreiz fast komplett. Jetzt nach ca. 4 Monaten ist die Haut auch schon besser geworden. Aber ich brauche immer noch Kortison und Elidel.

Sind die Auswirkungen der neuen Studie für dich ähnlich der alten, oder erkennst du deutliche Unterschiede in der Wirkung?
Ohh ja, leider auch sehr deutliche. Während in der ersten Studie nach nicht mal 2 Wochen die Haut ohne Kortison verheilt und der Juckreiz komplett verschwunden war, braucht das jetzige Medikament deutlich länger, um zu wirken. Auch die Wirkung an sich ist um einiges geringer.

Wie hast du den Arzt deinen Vertrauens gefunden?

Durch sehr langes Suchen.

Welche unterschiedlichen Behandlungen gegen die Neurodermitis hast du bis jetzt schon gemacht?

Die Liste ist sehr lang geworden über die Jahre: Angefangen bei einer Ernährungsumstellung bis hin zu Wundermitteln, wie Goldene Milch oder Aloevera Creme oder einer Lichttherapie war das Meiste ohne Erfolg.
Bei der Ernährungsumstellung habe ich auf Gluten, Zucker und Fleisch verzichtet. Weil das keine Wirkung hatte, ernähre ich mich heute einfach sehr abwechslungsreich. Früher war ich viel beim Heilpraktiker, was mal mehr und mal weniger gebracht hat. Geheilt hat es mich aber nicht.
Mit Cremetherapien, wie der Behandlung mit Cortison und Elidel wurde immer wieder versucht, den Neurodermitisschub zu unterbrechen. Cortison habe ich auch in Tablettenform zu mir genommen. In der Zeit der Einnahme war die Haut wunderbar. Doch bereits an dem Tag der Absetzung begann alles von vorne. Was bei mir auch heute noch hilft, um meine Haut zu beruhigen, sind Salzwasserbäder. Auch verschiedene Antiallergika wurden gegen den Juckreiz eingesetzt, aber mit nur mäßigem Erfolg.

Was sind die Erfahrungen, die du aus den Studien gezogen hast?

Die Forschung ist schon sehr weit und wird im Laufe der nächsten Jahre viele neue Medikamente auf den Markt bringen. Ich glaube daran, dass es der Wissenschaft bald gelingen wird, Neurodermitis zu heilen. Bis dahin werden gute Medikamente zur Unterdrückung erforscht und auf den Markt gebracht.

Was sollte man bedenken, wenn man an einer Studie teilnehmen möchte?

Es gibt unterschiedliche Studien. Man sollte sich über jede Studie genauestens informieren und schauen, welche Studie zu einem passt. Auch die zeitliche Komponente ist nicht zu unterschätzen. Da je nach Studie können Visiten von bis zu 6h angesetzt werden. Auch sind Studienzentren nicht immer in der Nähe und man muss eine lange Fahrzeit in Kauf nehmen. Allerdings erhält man meistens eine kleine Entschädigung für die für die Fahrtkosten und den Zeitaufwand in Geldform.